Planarmagnetische Kopfhörer erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Die Treiber lassen sich mittlerweile zuverlässig und preislich attraktiv Herstellen. So gibt es immer mehr Newcomer auf dem preiswerten Markt. Selten schaffen es kleine Hersteller auch zu deutschen Distributoren. Schon mit ihrem Erstlingswerk konnte SendyAudio überzeugen, so dass HiGoto sie in den Vertrieb aufgenommen hat. Was den Aiva ausmacht, dazu nun meine Meinung…
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Der SendyAudio Aiva wurde mir von HiGoto leihweise zur Verfügung gestellt.
Vorwort
Seit der Aiva auf der diesjährigen Audiovista vorgestellt wurde, konnte ich ihn nun ausführlich zu Hause testen. Ich war umso neugieriger, da der bereits von mir getestete Takstar HF580 über die gleichen Treiber verfügen soll. Damals hatte ich viel Potential gehört, doch die basslastige Abstimmung war alles andere als im besten Sinne authentisch. Was SendyAudio aus den Treibern heraus zu holen schafft, ist eine ganz andere Klasse.
Inhalt
1. Verpackung und Zubehör
2. Design & Verarbeitung
3. Technik & Handhabung
4. Spielpartner & Spielfreude
5. Klang & Klangvergleich
6. Fazit & Bewertung
7. Video & Galerie
1. Verpackung & Zubehör
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Die Verpackung des Aiva besteht aus einem hellbraunen, zweiteiligen Karton, dessen Deckel sich abziehen lässt. Ein schwarzer Umrissdruck auf der Vorderseite zeigt die Seitenansicht des Kopfhörers aus der „Black-Beauty-Serie“. Die Rückseite gibt Auskunft über die Eckdaten des Kopfhörers sowie über seine Entstehungsgeschichte auf Englisch.
Im Inneren ist ein ansprechendes Case zu finden, welches mich jedoch in Material und Form sofort an die Cases von MrSpeakers (Anm.: seit 1. November 2019 umbenannt in Dan Clark Audio) der AEON Flow Closed und AEON Flow Open sowie an das des Ether2 erinnert. Es gibt kleine Unterschiede. Im Inneren des Case ist statt einem Netz für das Kabel ein Jute-Beutel vorhanden. Das Case wurde mit vier Füßchen ausgestattet, wodurch es sich tatsächlich senkrecht hinstellen lässt. Die längliche Vertiefung im bauchigen Bereich erschließt sich mir nicht unbedingt, vermutlich dient sie einfach nur der Stabilisierung der Form. Jedenfalls liegt der eher lustige Vergleich näher mit der rückwärtigen Seite des Bauches, nur eben eine Etage tiefer. 😉
Als weiteres Zubehör sind im Beutel das mit einem 5-poligem 4.4mm-Klinke Stecker ausgeführte, symmetrische Kabel zu finden sowie ein Adapter auf 3.5mm-Klinke Stereo für die Nutzung an unsymmetrisch ausgelegte Verstärker.
2. Design & Verarbeitung
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Die Entwicklung des Aiva hat gut dreieinhalb Jahre gedauert und die komplette Konstruktion sowie das Klangtuning wurden direkt durch SendyAudio durchgeführt. Produziert wird der Kopfhörer manuell in kleinen Serien in vielen Arbeitsschritten.
Den Zusatz “Black-Beauty-Serie„ erhält der Aiva nicht zuletzt durch die konsequent schwarze Farbgebung in Kombination mit dem Zebrano-Holz. Mir ist dabei aufgefallen, dass unter dem schwarzen Außengitter der offenen Gehäuse sich noch ein weiteres Gitter befindet, welches jedoch in Silber gehalten ist und in konzentrischen Kreisen um die Mitte herum größer werdende Löcher aufweist. Anfangs dachte ich, dass das irgendwie Stilbruch ist und ich hatte kurzzeitig die Idee, ob ich das silberne Gitter nicht vielleicht entfernen sollte.
Aber… aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die magnetostatischen Treiber unbedingt geschützt werden müssen und das grobe schwarze Gitter nur ein Design-Element ist. Hierzu eine kleine Anekdote.
Ein Bekannter wollte seinen Monolith 1060 modifizieren und hat dafür die Treiber ausgebaut und beiseite gelegt, ebenso wie die kleinen Schräubchen, die dass Gitter gehalten haben. Am Ende brauchte er den Kopfhörer gar nicht mehr zusammen bauen, denn die dauermagnetische Fläche, welche ein sehr starkes Magnetfeld besitzt, hat die Schräubchen in der Schale aus knapp 1-2 cm angezogen, als er unbedacht den treiber ebenfalls in die Schale legen wollte. Die Schrauben sind dann wie kleine Geschosse durch die Treiberfläche geschlagen und haben so das Trägermaterial nebst Leiterbahnen mit ihrer Spitze irreparabel beschädigt.
Um wieder zum Aiva zu kommen. Nun müssen das nicht immer Schräubchen sein, es können auch beim Ablegen z.B. auf einen Tisch andere metallische Kleinstteile vorhanden sein und so zu Beschädigungen führen. Durch das silberne Gitter ist das allerdings ausgeschlossen.
Nicht nur mit dem Wissen fallt das silberne Gitter kaum mehr negativ auf, es bildet sogar noch den notwendigen Kontrast zum schwarzen Design-Gitter.
3. Technik & Handhabung
Der Aiva hat eine Impedanz von 32 Ohm und verfügt über planarmagnetische Treiber mit einer Größe von 97mm x 76mm. Sein Wirkungsgrad lieggt bei 96dB/mW und damit ist er bereits mit mobilen Zuspielern gut zu benutzen. Klanglich bildet er laut Hersteller 5-55kHz ab. Sein Gewicht beläuft sich auf 420gr.
Der Aiva lässt sich trotz seines Gewichts sehr gut und lange tragen, ohne dass er irgendwo unangenehm drückt. Das ist sowohl dem flexiblen Kopfband als auch den sehr weichen Polstern zu verdanken. Zudem besitzen die Polster eine kopfgerechte Form. Die Polster verfügen im unteren Drittel im hinteren Kopfbereich über eine Wölbung, wodurch die sich verjüngende Kopfform aufgenommen wird und eine optimale Druckverteilung um das Ohr erreicht wird. Hinzu kommt, dass ich Dank der Polster mit dem Aiva gar nicht erst anfange zu schwitzen. Seine Polster sind bis auf die Auflagefläche aus perforiertem Kunstleder gefertigt. Am Kopf jedoch liegen die Polster durch die Nutzung von Stoff sehr angenehm an und der Aiva ist dadurch atmungsaktiv, ohne dass dieses zu Lasten des Seals geht.
Der Bügel ist so gewählt, dass er auch bei größeren Köpfen nicht zuviel Druck erzeugt und durch die leichtgängigen Gelenke ist der Kopfhörer sofort ideal während des Aufsetzens dem Kopf anpassbar.
4. Spielpartner & Spielfreude
Schon ab Werk sorgt SendyAudio dafür, dass der Aiva symmetrisch und unsymmetrisch genutzt werden kann. Dabei wird auf den 4.4mm symmetrischen Anschluss gesetzt, der auf dem Vormarsch ist. Zu finden ist dieser unter anderem beim Fiio M11 (Pro), Hiby R6 Pro oder auch dem iBasso DX160, um nur einige DAPs stellvertretend zu nennen. Ich habe den Aiva symmetrisch überwiegend mit dem DX160 gehört. Der hat auch bei Low-Gain kein Problem eine sehr hohe Lautstärke mit ihm zu erreichen.
Mit dem mitgelieferten Adapter auf 3.5mm Stereo-Klinge spielt er aber auch an meinem MI 9T Pro problemlos und zufriedenstellend. Jedoch provitiert der Aiva ganz klar von einem Spielpartner, der Leistungsreserven mitbringt, denn schwächen von Endstufen deckt er mit seinem absolut sauberen und klaren Klang sofort auf. So spielt ab etwa 2/3 Lautstärke mein Xiaomi Smartphone in den oberen Mitten unsauber, sobald in den Songs „viel“ los ist. Heavy Metal klingt dann ziemlich „kreischend“ während ich das mit dem DX160 nicht so empfinde. Die E-Gitarren werden dann deutlich besser voneinander getrennt dargestellt.
Am SMSL SP200 oder mobil am ifi xCAN spielt der Aiva ebenfalls hervorragend. Die bieten so viel Leistung, da bleibt im Zweifel kein Auge trocken, wie man so schön sagt.
Durch seine offene Bauweise haben auch Menschen Spaß am Aiva, die sich in der Nähe befinden. Ein Büro-Kopfhörer ist er somit nicht. 🙂
Hinweis:
An dieser Stelle der Hinweis zur Gefahr, sich beim Aussetzen zu hoher Lautstärke das Gehör nachhaltig schädigen zu können. Das gilt für die Benutzung von Kopfhörern im Allgemeinen.
5. Klang & Klangvergleich
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Den Aiva konnte ich nun einige Zeit testen und habe lange überlegt, mit welchem Kopfhörer ich ihn eigentlich am ehesten vergleichen kann. Da hat es geholfen, dass ich vor diesem Bericht doch noch andere für mich neue Kopfhörer gehört habe. Denn absolut unerwartet möchte ich den SendyAudio Aiva nun am ehesten mit einem elektrostatischen Kopfhörer vergleichen.
Nun wird sich der ein oder andere fragen: Warum das?
Dazu muss ich wieder kurz erläutern, was mir für gewöhnlich gefällt und was nicht. So mag ich einen kräftigen Bass bis tief in den Keller, Mitten müssen klingen, dürfen sich aber nicht immer in den Vordergrund stellen und im Hochton darf es energetisch sein, doch es sollten mir keine Nadeln in die Ohren getrieben werden. Ich hatte das mal mit TP-Signatur ausführlicher beschrieben.
Dennoch gibt es immer wieder Kopfhörer, die besonders in den oberen Mitten und im Hochton über meine Erwartung hinaus schießen. Anfangs dachte ich auch, das es beim SendyAudio so ist, doch trotz ordentlicher Betonung oberhalb 4kHz klingt es für mich nicht falsch, da der Aiva absolut detailliert spielt und ich keine einzeln hervorstechenden Spitzen höre. Das bestätigt auch grob die folgende Messung.
Insgesamt ist der Hochton gar nicht so fordernd, jedoch gibt es ein konstantes Plateau ab etwa 3,5kHz, dass eben genau den SendyAudio Aiva in meinen Ohren hell abgestimmt erscheinen lässt, denn unterm Strich ist er grundsätzlich schon recht warm abgestimmt, was bei je nach Musik auch klar wahrzunehmen ist.
Nun zum angesprochenen Vergleich mit Elektrostaten.
Mit dem Einzug des Audiovalve Luminare Kopfhörerverstärker bei mir zu Hause wollte ich mir eine eigene Meinung bilden zu dem, was ich bisher so oft gehört habe, nämlich, dass Elektrostaten sehr fein auflösen, jedoch eher Treble-Head-Kopfhörer sein sollen. Nun besitze ich ebenfalls Kopfhörer von Stax, die im Grunde aber genau das bieten, wie es der Aiva meinen Ohren präsentiert.
Der Stax L700, auch wenn er deutlich teurer ist, ist am ehesten im Bereich ab den oberen MItten mit dem Aiva vergleichbar oder auch anders herum.
Um es vorweg zu nehmen, der Aiva kommt an die Feinzeichnung und die Präzision nicht an den L700 heran, doch tonal sind sich beide dort tatsächlich sehr ähnlich. Der Aiva gibt in gewisser Weise einen Vorgeschmack, was mit Elektrostaten sogar noch intensiver und besser machbar ist in den Punkten Präzision und Feinzeichnung, denn hier spielt er auf Referenz-Niveau. Zudem spielt der Aiva absolut detailliert eben nicht nur innerhalb eines schmal betonten Frequenzbereiches, sondern er schafft es auch, das gesamte Plateau mit hoher Qualität darzustellen. Und das ist es auch, warum ich ihn mit dem L700 vergleiche, beide spielen absolut authentisch räumlich und mit einem fantastischen Live-Erlebnis. Da ist der Aiva vielleicht allen Kopfhörern seiner Preisklasse weit voraus.
Wie im Messvergleich zu sehen, spielt der Aiva in den unteren Mitten etwas zurückhaltender als der Stax, doch im Bass spielt der Aiva dafür nochmal deutlich „fetter“, dafür jedoch nicht so trocken und konturiert wie der L700. Es ist aber auch nicht zu erwarten, dass dieser Kopfhörer nun Elektrostaten insgesamt ersetzen würde. Für mich war es nur wichtig zu erklären – und wer Elektrostaten kennt, kann das nun einordnen – was den Aiva ein Stück weit „besonders“ macht. Was er für seinen Preis bietet, ist ganz großes Kino.
Nach diesem Vergleich möchte ich nicht detailliert einzelne Songs hernehmen, um den Klang des Aiva zu charakterisieren. Für mich funktioniert er durchweg durch alle Genres. Was etwas „komisch“ klingt ist eben genau dieses Zusammenspiel eines ausgeprägten Bassbereiches, der für gut dargestellt wird, der etwas zurückgesetzte stimmliche Bereich und dann dieser absolut präzise und detaillierte breitbandig erstklassig präsentierte Hochton. In gewisser Weise passt das nicht optimal zusammen, denn der Aiva ist kein Spaß-Kopfhörer aber auch kein Analytiker. Von beidem hat er Anleihen. Im Jazz ist mir der Bass mitunter etwas zu präsent und dafür manchmal etwas zu „unknackig“, dafür aber im Gesang und in der Brillanz super. Bei elektronischer Musik oder Chillout ist er gelegentlich aber zu „klar“ unterwegs, so dass der warme Charakter dieser Genres nicht so recht einrastet. Da ist dann immer etwas viel Analytik dabei.
Hingegen passen Heavy Metal, Classic Rock und auch Pop/Mainstream hervorragend mit dem Aiva, dort sind die Eigenschaften des Aiva in guter Balance.
6. Fazit
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Auch hier das Fazit etwas unkonventionell.
Ist der Aiva zu empfehlen?
Drauf ein ganz klares „Ja“!
Aber…
Der Aiva ist eben nicht wirklich vergleichbar oder in eine Schublade zu stecken mit anderen Kopfhörern. Irgendwie schafft es SendyAudio einen Kopfhörer zu präsentieren, der im Grunde genommen die Vorteile eines Analytikers mit denen eines Spaß-Kopfhörers verbindet und dadurch einmalig ist. Im bereits vor einiger Zeit erschienenen Video dazu, ist mir das noch nicht so aufgefallen, was aber dem geschuldet ist, dass sich mir damals die Welt der elektrostatischen Kopfhörer noch nicht erschlossen hatte.
Erst mit meinen neu hinzugewonnenen Erfahrungen ist mir dieser Artikel möglich geworden, der nun auch dem Aiva wirklich gerecht wird.
Der Aiva zeigt eindrucksvoll, was aus den planar magnetischen Treibern in Sachen Auflösung und Detaillierung herausgeholt werden kann und selbst er bleibt vielleicht sogar hinter seinen Möglichkeiten noch zurück.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was da noch von SendyAudio kommen wird.
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