Rode ist bekannt für hervorragende Lösungen, wenn es um das Einfangen von Schall mit den unterschiedlichsten Mikrofonen geht. Mit dem Rode NTH-100 wird nun auch ein Kopfhörer angeboten, der nun auch die andere Richtung abdecken soll, nämlich die Aufzeichnungen wiedergeben zu können. Wie Rode mit seinem Erstlingswerk nun ins Rennen geht, darauf habe ich ein Auge und Ohr geworfen…
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Den Kopfhörer Rode NTH-100 habe ich mir für den aktuellen UVP von 179,-€ selbst gekauft.
Vorwort
Ich erfuhr davon, dass Rode den eigenen ersten Kopfhörer auf den Markt gebracht hat, als mit einem Mal in der ersten April-Woche im Jahr 2022 eine Schwemme von Berichten und Videos im Internet vorgestellt wurden, die allesamt den NTH-100 zum Inhalt hatte. Das machte mich natürlich neugierig, ob hier laut Rode selbst „experience sound like never before“ und „exceptional sonic performance. Supreme comfort. Iconic looks. Unmatched durability. Your search for the perfect headphones is over.“ für schmales Geld zu haben ist.
Auch von Vergleichen zum Denon AHD-9200 – hier bei Miniklangwunder im Test – habe ich gelesen. Damit war klar, so einen Ausnahme-Kopfhörer darf ich mir natürlich nicht entgehen lassen und habe ihn mir kurzer Hand bestellt. Derart vorgespannt bin ich auch in diesen Test hinein gegangen…
Verpackung & Zubehör
Der Kopfhörer wird in einer weißen Verpackung geliefert, auf deren Umverpackung Fotos des NTH-100 aufgedruckt sind. Auf der Rückseite gibt es detaillierte Erklärungen zum Kopfhörer. Der eingeschobene Karton lässt sich in zwei Hälfte aufklappen und zum Vorschein kommt der in einem Stoffbeutel verpackte Kopfhörer. Darunter sind ein Adapter auf 6.35mm sowie das 2.4m lange Kopfhörerkabel. Ein paar Kabelmarkierungen in verschieden Farben sind ebenfalls enthalten, welche jedoch für den praktischen Nutzen keine Relevanz haben.
Design, Verarbeitung & Tragekomfort
Mir ist sofort aufgefallen, wie genial einfach und durchdacht der NTH-100 konstruiert ist. „Unmatched durability“ muss sich natürlich über die Zeit beweisen, würde ich aber so zunächst unterstreichen. Dazu weiß der Kopfhörer auch optisch sofort zu gefallen. Ein Kopfband aus Federstahl, Polsterung aus Alcantara sowie Aluminium und hochwertiger Kunststoff für die Gehäuse und sonstige Mechanik verleihen dem NTH-100 durchaus den beworbenen „iconic look“. Am Design und der Verarbeitung des Kopfhörers habe ich nichts auszusetzen.
Was den Tragkomfort angeht, da wird es wie immer sehr individuell. Die Ohrpolster weisen eine dem Ohr stilistisch nachempfundene Form auf. Soweit sehr gut, allerdings bietet der Innenbereich nur einen sehr begrenzten Raum, so dass meine Ohren dort nur „gefaltet“ hinein passen. Für mich ist der beworbene Over-Ear-Kopfhörer eigentlich nur als On-Ear-Kopfhörer zu gebrauchen. Für den gebotenen Anpressdruck sind die Polster jedoch nicht weich genug. Am Kopf um die Ohren herum ist das kein Problem, jedoch wenn die Polster stellenweise auf dem Ohr aufliegen. So habe ich während meiner Tests den NTH-100 immer wieder neu positionieren müssen, um ihn länger anhören zu können.
Das Alcantara selbst ist sehr angenehm auf der Haut zu Tragen und auch das Polster auf dem Kopf ist genau richtig ausgelegt. Was das angeht, hat der NTH-100 durchaus hohes Potential, dass nur leider be mir nicht freigesetzt werden kann.
Technik & Handhabung
Mit 350g ist der NTH-100 recht leicht und dürfte hinsichtlich des Gewichts selbst für stundenlange Nutzung keine Probleme bereiten. Laut Rode decken die 40mm dynamischen Treibern des Kopfhörers einen Frequenzbereich von 5Hz-35kHz ab. Mit 32Ω Impedanz ist der Kopfhörer recht leicht anzutreiben, liegt jedoch mit 110db/V Wirkungsgrad eher im Mittelfeld. Das bedeutet, dass im Betrieb an einem Smartphone sicherlich keine Rekordlautstärke erreicht wird. Ein Hinweis darauf ist auch die maximale Leistungsaufnahme von bis zu 1.700 mW. Das erreicht nicht einmal jeder dedizierte Kopfhörerverstärker.
Mit der besonderen Arretierung mit der von Rode geschützten Bezeichnung „FitLok“ besitzt der Kopfhörer aber eine gelungene Eigenschaft, die es unnötig macht, ihn immer wieder nachstellen zu müssen. Dazu lässt sich die stufenlose Weitenverstellung durch eine 90°-Drehung des Verriegelungsmechanismus fest stellen. Warum so eine Lösung nicht schon anderer Hersteller nutzen, ist mir schleierhaft. So eingestellt passt der Kopfhörer immer sofort. Eine klasse Sache!
Spielpartner & Spielfreude
Ab hier fängt es für mich nun an schwierig zu werden. Grundsätzlich lässt sich der Rode NTH-100 sowohl an einem Smartphone betreiben wie auch an einem iBasso DX300, einem Astell & Kern Acro CA1000 und sogar an einem SPL Phonitor XE.
Ich bin gestartet mit dem Redmi Note 9 als Testgerät für die einfachsten Vertreter von Zuspieler und habe erst mit den integrierten Möglichkeiten zur Klangveränderung ein für mich akzeptables Ergebnis erreicht. Konkret ich eine Einstellung gewählt, die sowohl den Tiefbass etwas kräftiger darstellt und auch den Hochtonbereich mehr betont. Hinsichtlich der klanglichen Abstimmung kam mir das dann schon eher entgegen, doch im Bereich der technischen Reproduktion hörte sich diese Paarung einfach nicht gut an. Durchweg habe ich eine gewisse Klarheit und Abgrenzung vermisst. Das hatte ich dem einfachen Verstärkerteil in dem Smartphone zugesprochen.
Am iBasso DX300 spielte der Rode NTH-100 zwar etwas agiler, doch sowohl tonal wie auch technisch war ich nicht zufrieden. Mir fehlt es an Kontur im Bassbereich sowie Brillanz und Strahlkraft im Hochton. Selbst mit dem A&K Acro CA1000 oder dem SPL Phonitor XE wurde das kaum mehr besser. Insgesamt bewegt sich das Gebotene nicht auf dem Niveau zu dem ich sagen würde „Your search for the perfect headphones is over.“
Unterm Strich skaliert der Rode NTH-100 hinsichtlich seiner Klangperformance leider nicht mit dem Zuspieler, so dass er von hochpreisigem Equipment nicht profitiert.
Hinweis:
An dieser Stelle der Hinweis zur Gefahr, sich beim Aussetzen zu hoher Lautstärke das Gehör nachhaltig schädigen zu können. Das gilt besonders für die Benutzung von Kopfhörern im Allgemeinen.
Externe Playlisten – Qobuz & Spotify
Ich habe in einigen Playlists Musik zusammengestellt, mit welchen sich Eigenschaften von Kopfhörern besonders gut heraushören lassen. Am besten Du hörst Dich selbst durch meine Playlisten durch.
Mit den folgenden Links gelangst du direkt zu den Anbietern. Es handelt sich um keine Affiliate-Links. Hast du bei den Streaming-Diensten kein angemeldetes Konto, kannst du jeweils knapp 30 Sekunden in die Songs reinhören. Eine Verpflichtung zu Anmeldung besteht dafür natürlich nicht.
Der folgende Link führt Dich zur Miniklangwunder-Spotify-Playliste und mit Klick auf die unten aufgeführten Banner gelangst du zu den Miniklangwunder-Qobuz-Playlisten. Diese werden sogar von Qobuz direkt unterstützt. Qobuz hat sie unter der Rubrik „Events & Medien“ veröffentlicht. 🙂
Wer also maximal audiophiles Streaming nutzen möchte, klickt sich einfach zur Qobuz-Playliste von Miniklangwunder.
Klang & -vergleich
Ich habe bereits anklingen lassen, woran es mir grob in den Spielpaarungen gefehlt hat. Um hier etwas genauer zu werden, habe ich mich eingehend mit dem Rode NTH-100 am Astell & Kern Acro CA1000 beschäftigt. Ich habe mich quer durch meine Playlists auf Qobuz gehört mit stets dem selben Eindruck. Meine Ausführungen sind, um es hier klar zu benennen, immer im Vergleich zu Referenzkopfhörern zu lesen. Hier hat es der Rode NTH-100 maximal schwer und spielt mindestens eine Klasse tiefer, was sich am Ende auch in der prozentualen Bewertung widerspiegelt.
Da ich durch eigene Versuche weiß, dass einige Kopfhörer eingespielt werden wollen, damit sie ihr Potential entfalten, habe ich nach dieser Erfahrung den NTH-100 noch 24h unter recht hohem Lautstärkepegel einspielen lassen. Nach dieser Einspielzeit habe ich mein Testhören erneut gestartet. Am Ende hat sich mein Eindruck allerdings nicht geändert, daran lag es also nicht.
Messungen
Bass
Trotz der Angabe 5Hz darstellen zu können, habe ich bei Liedern mit abgrundtiefen Bässen deren Darstellung vermisst. Hingegen ist der Bassbereich im Oberbass mir zu betont und zu unpräzise vorgekommen. Knackige Bässe und Musik mit Punch kamen bei mir „entschärft“ an. Zu sehr erstreckt sich die Betonung in die unteren Mitten. Auch die Dynamik einiger Stücke kam mir ungewohnt flach vor. Das zog sich durch alles Genres.
Mitten
Die Reproduktion der Mitten, insbesondere von Stimmen, ist für mich etwas zu warm ala Tanita Tikaram geraten. Er ist hier kein Überflieger, doch insgesamt gefallen mir Live-Aufnahmen wie „Companion“ von Patricia Barber oder „Best of Jazzvoices“ wie unter Spotify zu finden recht gut.
Komplexerer Musik fehlt es an Separation und Energie. Instrumente klingen mitunter kraftlos. Power-Chords einer E-Gitarre fehlt es einfach an Power. Elektronische Musik zwirbelt nicht im Ohr und Classic Rock oder Metall klingt bisweilen recht unaufgeregt. Hier dürfte es einfach etwas mehr Betonung sein.
Hochton
Der Rode NTH-100 klingt grundsätzlich sehr unaufgeregt, was insbesondere am reduzierten Hochtonbereich ab 6kHz liegt. Schärfen gibt es mit dem Kopfhörer grundsätzlich nicht. Das sorgt aber leider auch dafür, dass zu der vorhandenen Betonung im Bass ein Gegengewicht fehlt. Wäre da etwas mehr Energie und Brillanz…
Dynamik & Räumlichkeit
…würde sich das sofort auch positiv auf die räumliche Darstellung auswirken. Schon mit einem High-Shelf-EQ ab 6kHz und mit 5dB mehr bei 11kHz blüht der NTH-100 regelrecht auf. Die tonale Abstimmung verliert das „dosige“, erhält mehr Brillanz und der virtuelle Raum entfaltet sich. Zudem klingt der Rode mit dieser kleinen Anpassung auch deutlich dynamischer und um ehrlich zu sein, auch positiv „neutraler“, ich nenne es einmal authentischer.
Klangfazit
Für eine neutrale Wiedergabe, Rode verspricht hier „a very natural sound“, spielt der NTH-100 einfach etwas zu „boxy“ oder „dosig“. Zu viel Oberbass, zu wenig Klarheit und Hochton, geringe Räumlichkeit und eine vergleichsweise geringe Dynamik.
Zum Vergleich habe ich mir meinen leicht modifizierten, halboffenen Beyerdynamic DT-880 Black Special Edition (179,-€) hergenommen. Die tonale Modifikation des DT880BSE besteht nur aus dem Einlegen von Filz zur Dämpfung des Hochtons.
Der Rode NTH-100 kann meiner Ansicht nach mit diesem Kopfhörer nicht mithalten. Er ist im Vergleich zum Beyerdynamic durchaus ähnlich abgestimmt, wobei der DT880BSE jedoch die gefälligere Abstimmung insbesondere im Bassbereich mit mehr Kontur und mit einer klareren Abgrenzung zu den Mitten spielt. Im Hochtonbereich ist der Beyerdynamic spritziger und irgendwie „richtiger“ unterwegs. Obwohl er messtechnisch schon ordentlich Energie obenrum mitbringt, klingt er deutlich ausbalancierter als der Rode und klingt dynamischer und relaxter zugleich.
Nicht zuletzt ist auch die eigentümliche Abstimmung des NTH-100 mit dafür verantwortlich, dass die räumliche Abbildung recht beenget ist. Auch die empfundene Dynamik bleibt dabei etwas zurück. Was die dynamische und räumliche Abbildung angeht..
Neben der nicht optimalen klanglichen Abstimmung hat der von mir getestete NTH-100 auch mit deutlichen Kanalungleichheiten zu kämpfen, was sich in der Bewertung nicht unerheblich zusätzlich niederschlägt. Anders als von Rode behauptet, gibt es noch einige Hausaufgaben zu machen, um mit ihm auch Musik auf höchstem Niveau genießen zu können. „Endgame“ ist der NTH-100 sicherlich nicht.
Fazit & Bewertung
Hinsichtlich Design und Konstruktion ist der Rode NTH-100 durchaus gelungen. Der Tragekomfort passt ebenfalls, vorausgesetzt, er kann auch als Over-Ear-Kopfhörer genutzt werden. Klanglich gibt es noch Hausaufgaben zu machen. Das ist im Prinzip bei einem Erstlingswerk zu verzeihen.
Das die Treiber sich jedoch so unterschiedlich verhalten, das erwarte ich allerdings von keinem Kopfhörer. Hat hier die Qualitätskontrolle versagt?
Was mich allerdings zusätzlich triggert ist, dass der Kopfhörer selbstbewußt und superlativ eindeutig beworben wird mit „Your search for the perfect headphones is over“. Abgesehen von der Abstimmung, die nicht meinen Nerv trifft, ist zumindest mein Modell auch produktionstechnisch nicht perfekt.
Für mich erreicht der NTH-100 das von Rode gesteckte Ziel nicht. Von mir gibt es daher keine Empfehlung.
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