iBasso SR1 im Test – Eindrucksvolles Erstlingswerk im Vollformat

War iBasso anfänglich als DAP-Spezialist bekannt, gibt es nach der erfolgreichen Positionierung im IEM Markt nun auch den ersten Schritt in das Full-Size-Kopfhörer-Segment.

Ob dieses ein großer oder kleiner Schritt ist, dazu nun mehr in diesem Bericht…

 


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Vielen Dank an iBasso.de für die freundliche Leihgabe des SR1!


Vorwort

Der iBasso SR1 ist mir seit der Audiovista 2018 bekannt. Dort wurde er in Deutschland erstmals am Stand von NT-Global Distribution vorgestellt und konnte dort auch gehört werden. Ohne zu viel zu verraten, ist der halboffene SR1 kein Kopfhörer, den ich auf einer Kopfhörer-Show „komplett erfassen“ kann. Denn ohrenscheinliche Effekthascherei betreibt er nicht. Daher bin ich froh, dass ich nun im Nachgang den SR1 als Leihgabe direkt von iBasso.de erhalten habe und ihn in allen Nuancen ausführlich testen kann.
Neben dem kritischen Hören meiner Playlist rauf und runter, habe ich natürlich dabei auch ein Pad-Rolling veranstaltet.
Wie mir der SR1 gefällt und welche Qualitäten er offenbart, das folgt jetzt…

Inhalt

  1. Verpackung & Zubehör
  2. Design & Verarbeitung
    Update – Feedback des Herstellers
  3. Tragekomfort & Handhabung
  4. Technische Daten
  5. Soundcheck & Hörproben
  6. Klangfazit
  7. Fazit & Bewertung
  8. Video & Galerie



1. Verpackung & Zubehör

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Geliefert wird der iBasso SR1 in einem einfachen weiß-grauen Karton, in welchem ein schwarzes Hardcase zu finden ist. In dem befindet sich wiederum der Kopfhörer nebst Anschlusskabel, 6,3mm Adapter und einer Garantiekarte sowie kleinem Handbuch. Nach dem Aufklappen des Case ist im Deckel eine Metallplakette zu finden, welche über die „Limited Edition“ Auskunft gibt. Bei meinem Testgerät handelt es sich um die Nummer 480 von 500.



2. Design & Verarbeitung

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Achtung, dieser Teil wird deutlich länger als üblich. Ich denke aber, das ist angesichts des von iBasso gewählten Weges aber auch gerechtfertigt. 😉

Foto von der Kartonrückseite


Das Design des iBasso SR1 geht für mich deutlich in die Richtung Industrial / Tech. Schon auf der Verpackung wird der Zusammenbau explosionsartig dargestellt und schnell lässt sich feststellen, dass man mit entsprechendem Werkzeug den Kopfhörer selbständig anhand dieser Zeichnung zerlegen und wieder zusammensetzen könnte.

Achtung:
Das ist an dieser Stelle natürlich keine Aufforderung das zu tun und auch vom Hersteller ist das nicht erwünscht. Im Zweifel muss mit einem Verlust der Gewährleistung gerechnet werden!

Diese Art und Weise der Konstruktion zeigt aber, dass iBasso entgegen anderen Herstellern versucht, viele gleiche und möglichst einfach zu konstruierende Teile zu nutzen, was sich am Ende sicherlich auch im Preis für den Kopfhörer niederschlägt. Die halboffenen Gehäuse bestehen eben nicht aus zwei oder drei in Form gegossenen Teile, sonder sie bestehen
nur von außen sichtbar je Seite aus mehr als 15 mechanischen Einzelkomponenten. Hierbei werden mechanisch identische und seitenunabhängige Teile eingesetzt, der Kopfhörer bekommt erst mit dem Zusammenbau die Unterscheidung in linke und rechte Seite. Schön erkennbar ist das z.B. am größten der drei Seitenring, der die MMCX-Stecker aufnimmt und wo der Verschluss mit einem roten Punkt gekennzeichnet ist. Zur Unterscheidung links und rechts hätte es auch zwei Baiteile geben können, eines mit blauem und eines mit einem roten Punkt. Aufgrund der absolut symmetrischen Herstellung auch der Einzelteile, kann dieser Ring trotz gewinkelte Kabelabgang für beide Seiten eingesetzt werden. Dafür wird er einfach gedreht und ist somit links und rechts nutzbar. Schon der versetze Kabelabgang allein definiert das Links und Rechts des SR1, somit wurde vermutlich auch auf die unterschiedliche farbliche Kennzeichnung der Seiten am Anschluss verzichtet.

Die einzige Kennzeichnung bezüglich der Seiten befindet sich an der Kopfbandhalterung und wurde per dezentem Aufdruck L und R an einer einfach zu fertigen Abdeckung vorgenommen. Die Kopfauflage selbst ist top verarbeitet und besteht aus weichem Echtleder und einer samtenen Unterseite.

Die aus Memory-Foam und Protein-Leder bestehenden Ohrpolster sind die einzigen Komponenten des Kopfhörers, die entsprechend links und rechts ausgeführt sind, da diese gewinkelt sind und iBasso darauf achtet, dass die sichtbare Naht seitengleich oben oder unten ist. Diese Polster sowie die erwähnten Abdeckkappen können aber als separater Schritt am Ende der Herstellung eines Kopfhörers angebracht werden.

Anmerkung:
Ein SR1 wurde bei Z-Reviews auf Youtube gezeigt, bei dem wohl zwei identische Pads angebracht wurden und so eine Naht nach oben oben und die der anderen Seite nach unten zeigte. Da der mir vorliegende Kopfhörer dieses Problem nicht hat, gehe ich von einen Fehler bei der Materialauszählung oder Endmontage für den dort gezeigte Kopfhörer aus. Hier zeigt sich, welchen Nachteil Sonderteile für links und rechts mit sich bringen können. Beim SR1 gibt es nur eine Fehlermöglichkeit beim Zusammenbau (großer Ring) und zwei Fehlermöglichkeiten bei der Endmontage (Kappen und Polster) und doch ist eine davon eingetreten und wurde nicht in der Endkontrolle entdeckt. Es kann aber auch sein, dass es bezüglich der Polster gar keine Vorschrift gibt, wo die Naht sitzt und ich bei Nummer 480 einfach Glück hatte. Wer weiß… 😉

UPDATE Feedback des Herstellers

Zunächst einmal möchte ich kurz darauf hinweisen, das iBasso ganz dicht am Kunden ist und zu dem Detail bezüglich der Pads mir eine klärende Info hat zukommen lassen. Da war ich überrascht, dass mein kleiner Blog auch dort Beachtung findet.

Es ist tatsächlich so, wie ich bereits vermutet habe, dass es bezüglich der Pads keine Links-Rechts-Vorschrift gibt. Das hat den Grund, dass iBasso bei der Fertigung der Pads unbedingt auch den Herstellungspreis im Auge hatte. Nach der optimalen technischen Konstruktion sollten am Ende nicht die Pads die Kostentreiber werden.
Die Qualität der Pads musste einwandfrei sein und es wurden nur fehlerfreie Pads verwendet. Vorgabe war, kein unnötiges Material zu verwerfen und auch hier die Kosten so zu optimieren, um am Ende den besten Preis für den Kunden erzielen zu können.
Paarweises verwerfen von Pads und Selektion für links und rechts wurden konsequent im Fertigungskonzept nicht eingebracht.

Wie ich schon vorher ausgeführt habe, wäre bei der Heraufsetzung aller Detailarbeiten der Kopfhörer nicht beim äußerst attraktiven Preispunkt unter 600€ gelandet. Einen Einfluss auf Technik und Klang hat diese stringente Kostenoptimierung jedoch nicht. Hier zeigt iBasso aus meiner Sicht einfach nur wie es geschafft werden kann einen HighEnd Kopfhörer auch mittleren Preissegment anbieten zu können.


Zurück zur Konstruktion. Die Einfachheit derselben wird beim Bügel fortgesetzt. Am geformten Federstahl befinden sich ebenfalls nur symmetrisch ausgeführte Einzelteile, welche miteinander verschraubt wurden. Die komplette Weitenverstellung wirkt mit sieben Schrauben fixiert und auf kleinstem Bereich ausgeführt sehr technisch. Alle Materialien wurden gerade so schlank gewählt, dass diese zusammengesetzt im Verbund nicht klobig wirken. Das gilt für den Kopfhörer in Gänze. Er wirkt sehr mechanisch, technisch oder auch industriell, doch nicht schwerfällig oder klobig. Genau das macht den Charm des SR1 aus. Auch wenn er im ersten Moment groß und wuchtig wirkt, ist das wohl eher dem Design geschuldet, denn im direkten Vergleich wirkt er dann plötzlich ganz anders.

Als prominenter Vergleichskandidat dient mir der Focal Elegia. Dieser großartige Kopfhörer geht genau den anderen Weg. Im Design ist er absolut auf fließende Übergänge und eine sanfte Erscheinung bedacht und verbreitet eine hochwertige Eleganz. Dennoch oder auch gerade deswegen, wirkt der Focal gegenüber dem iBasso SR1 wuchtiger. Der Focal wirkt im besten Sinne edel und schwer, der iBasso technisch und leicht.


In Bezug auf die Verarbeitungsqualität hat es iBasso mit der Herangehensweise beim SR1 trotz der für die Produktion der Teile optimierten Konstruktion schwerer als Mitbewerber, die auf vergleichsweise wenige speziell geformte Teile setzen, die quasi von außen unsichtbar zusammengehalten werden. Nach einigen Iterationen sind speziell entwickelte Formteile im Herstellungsverfahren qualitativ auf einem so hohen Niveau, dass beim späteren Zusammenbau quasi keine optischen Abweichungen mehr auftreten und die Qualität beim Zusammenbau bei mind. 99% liegt. Das sehe ich beim iBasso SR1 so nicht. Zumindest in dieser ersten Serie von nur 500 Stück gibt es an einigen Stellen unterschiedliche Spaltmasse und die ein oder andere kleine Unebenheit.

Unterschiedliche Spaltmasse veranschaulichen die komplexe Konstruktion.


Ich bin mir sicher, dass bei weiteren Serien – sofern der SR1 gut verkauft wird und iBasso ihn erneut auflegen wird – die Qualität in Details noch einmal deutlich zulegen kann. Aktuell sehe ich die Verarbeitung dennoch auf einem guten Niveau bei diesem Erstlingswerk und damit besser als ich das erwartet hätte in Anbetracht der Kleinserie, der Vielzahl der Fertigungsschritte und des Verkaufspreises von nur 599€. Ganz klar, wäre die Qualität der Verarbeitung auf Niveau eines Elegia, dann wäre der Preis des SR1 mindestens auch auf dessen Niveau, wenn nicht sogar höher.

Um den aktuellen Verkaufspreis zu erreichen, strebt iBasso augenscheinlich keine Perfektion an und „riskiert“ damit ggf. ein nur „gut“ bei der Verarbeitung zu erhalten. Das möchte ich an dieser Stelle als großes Lob an iBasso weitergeben. Ein toller Kompromiss für den Kunden!

3. Tragekomfort & Handhabung

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Die gewinkelten Ohrpolster des SR1 sind sehr angenehm. Sie bestehen aus weichen Memory-Foam und Kunstleder. Die runden Polster sind drehbar und so lassen sich die oval ausgeführte Innenbereiche mit 65mm Länge und 55mm Breite optimal im korrekten Winkel zu den eigenen Ohrmuschel einstellen. Der durch den Bügel ausgeübte Druck über die Ohrpolster ist angenehm und stört mich auch nach mehreren Stunden nicht.
Die Weitenverstellung funktioniert einwandfrei, ist jedoch recht stramm und muss mit zwei Händen je einzustellender Seite bedient werden. Das hat aber keine Auswirkung auf den grundsätzlichen Tragekomfort, denn der ist zusätzlich durch das weiche Leder-Kopfband optimal.


Auch wenn ich kein Freund der MMCX Anschlüsse bei OverEar Kopfhörern bin – das liegt aber eher daran, dass individuelle Kabel anzufertigen kaum möglich ist – muss ich zugestehen, dass iBasso mit der Arretierung derselben dann doch Gutes getan hat. Das Kabel ist einfach einsteckbar und löst sich auch bei Zugkräften nicht ab.


4. Technische Daten

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Ich möchte an dieser Stelle direkt auf die MMCX Kontake zurück kommen. Es wird oft angemahnt, dass MMCX Verbindungen nicht so langlebig sind wie z.B. Klinke-Verbindungen. Ich habe aktuell noch einmal recherchiert und komme in der Tat auf mindestens einen Faktor 6 in der Haltbarkeit laut Angaben unterschiedlicher Hersteller. So werden für MMCX oft 500 Steckzyklen garantiert, bei Klinke-Verbindungen geben Hersteller mindestens 3.000 Steckzyklen an.


Dennoch sehe ich die Haltbarkeit der Steckkontakte hinsichtlich der für gewöhnlich eher wenig vorkommenden Steckvorgänge als nicht ausschlaggebend an. Für die Nutzung zu Hause dürften selbst die Steckzyklen von MMCX Verbindungen Jahre oder Jahrzehnte ausreichen, es sei denn es wird mindestens einmal am Tag das Kabel entfernt.
Doch ganz ehrlich, wer macht das schon?

Auf der anderen Seite lassen sich sogar Kabel von InEars einstecken, womit der SR1 dann auch symmetrisch betrieben werden kann. Ich kann hier wärmstens das hauseigene symmetrische iBasso CB12-Kabel empfehlen, welches separat erhältlich ist. Das CB12s meines iT04 passt jedenfalls hervorragen zum SR1. Natürlich gibt es auch andere passende Kabel auf dem allgemeinen Markt.


Nun aber weiter zu den technischen Spezifikationen des Kopfhörers an sich.

Der iBasso SR1 ist mit nur 22 Ohm Impendanz und einen Wirkunsgrad von 108dB/mW sehr leicht anzutreiben. Den hohen Wirkungsgrad erreicht iBasso durch die Verwendung von Treibern mit einer magnetischen Flussdichte von einem Tesla. Der SR1 wiegt 420 Gramm und bildet laut Hersteller den Frequenzbereich von 3 Hz bis 40 kHz ab. Beide Grenzen kann ich nicht prüfen, dafür sind mir weder technischen noch biologischen Messmittel gegeben. 😉

Der SR1 arbeitet mit halboffenem Prinzip, eine aus meiner Sicht sehr schwer zu handhabenden Disziplin. Denn neben der Kombination der Vorteile beider Prinzipien muss man auch mit mehreren Nachteilen fertig werden.

Ob das iBasso gelungen ist?



5. Soundcheck & Hörproben

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Ein wenig seichte Theorie zu Anfang.
Offene Kopfhörer stehen in der Regel auch für einen offenen Klang mit großer Räumlichkeit und weiter Bühne. Ihnen spricht man zumeist auch aufgrund der Möglichkeit der im Prinzip freien Schwingung des Treibers
eine authentischere Basswiedergabe zu. Ein großer Nachteil ist stets die nur minimal vorhandene Schallisolierung in beiden Richtungen. Offene Kopfhörer stören ggf. die Mitmenschen und oft verleiden Außengeräusche dem Hörenden seinen Musikgenuss. Geschlossene Kopfhörer schotten deutlich besser ab, bieten oft den volleren und knackigeren Bass, kämpfen dafür jedoch fast immer mit einer sehr intimen Darstellung der Musik und einer engen Bühnendarstellung und eingeschränkter Räumlichkeit.



iBasso bietet mit dem SR1 nun einen halboffenen Kopfhörer, der beide Welten miteinander vereinen soll. Was kann er besonders gut und welche Probleme bringt er mit?

Beide Vorteile zu Verbinden und die Probleme auszublenden wurde schon oft versucht. Ein Beispiel sind hier die nicht mehr als Neuware erhältlichen Kopfhörer Aureol Real als offene Variante und der Aureol Real Z als halboffener Kopfhörer. Der Aureol Real war in seinem Preissegment ein hervorragender Kopfhörer und eigentlich schon auch preiswerter Einstieg in die audiophile Welt, abgesehen vom Design und verwendetem Material, wobei es ihm zudem etwas an Dynamik und Auflösung gefehlt hat. So spielte er jedoch mit sehr ausgewogenem Klang, transparente Darstellung, schöne Bühne und Räumlichkeit. Der Aureol Z, Design und Material gleichbleibend, sollte damals die Vorzüge eines geschlossenen Kopfhörers dazu tun und sollte ein Upgrade darstellen. Tatsächlich ist es nämlich nicht gelungen, die Transparenz und sehr gute Tonalität beizubehalten, der Bass wurde zu viel, Mitten klangen angedickt und zudem gab es deutliche Einschränkungen bei der räumlichen Darstellung. Zudem war die Isolierung nicht merkbar besser als die des offenen Aureol Real. Zu dem damaligen Zeitpunkt hatte der Hersteller schon einige Erfahrungen mit offenen und geschlossenen Kopfhörern gesammelt, aber beide Prinzipien aus meiner Sicht nicht gut zusammenbringen können.

Dieser knappe Ausflug sollte verdeutlichen, wie schwer es schon für Hersteller mit Erfahrung ist, einen guten halboffenen Kopfhörer auf die Beine zu stellen. Vielleicht auch deswegen nun der zaghafte Versuch von iBasso mit nur 500 Stück vom SR1 ins Rennen zu gehen? Wie kommt der als Kopfhörer zwischen zwei Welten überhaupt an? Findet das, was er kann Zuspruch auf dem Markt?

Genau diese Fragen habe ich mir auch schon auf der Audiovista gestellt und nun ist es vielleicht auch nachvollziehbar, warum ich eingangs geschrieben habe, dass ich den SR1 mit dem kurzen Probehören dort nicht „komplett erfassen“ konnte.

Konstruktion der Weitenverstellung


Der SR1 ist ein halboffener Kopfhörer und das höre ich auch sofort. Da iBasso keine anderen OverEars im offenem und geschlossenem Segment zu bieten hat – wie auch mit Herausbringen des ersten Full-Size-Kopfhörers – , werden der Focal Elex (offen) und der Focal Elegia (geschlossen) für Vergleiche herhalten. Auch AEON Flow Open und Closed könnte ich hier nutzen, doch spätestens beim Klang sind sich die Kopfhörer von Focal und der SR1 näher, da beide auf dem dynamischen Wirkprinzip beruhen und die Mr.Speakers Kopfhörer magnetostatische Flächentreiber mitbringen und auch deutlich schwerer anzutreiben sind.

Erstmal trage ich den SR1 ohne Zuspielen von Musik und Fakt ist, dass er etwas mehr Geräusche von außen zu meinen Ohren dämpft als der offene Elex pder AEON Flow, jedoch reicht der SR1 nicht an die Isolierung eines Elegia oder AEON Flow Closed heran. Subjektiv höre ich beim SR1 noch mehr von den Mitten und vom Hochton um mich herum als es mit den geschlossenen Kopfhörern der Fall ist. Umgekehrt gilt dass auch für die Emissionen des SR1, so gibt er deutlich hörbarer in die Umwelt Mitten a, die vorwiegend unfreiwillige Mithörer nerven. Bei etwa 70% der Lautstärke, bei der die geschlossenen Kopfhörer im Abstand von etwa 0,5m hörbar werden, ist der SR1 zu hören. Wird er mit der selben Lautstärke wie z.B. der Elegia angetrieben ist er gefühlt von außen doppelt so laut zu hören. Was aber kein Vergleich zum Elex ist, denn der ist als offener Kopfhörer bereits bei 30% so laut wie der geschlossene Elegia zu hören. Unkryptisch bedeutet das konkret, dass ich den iBasso SR1 mit Zimmerlautstärke im Wohnzimmer hören kann, ohne das meine Mitmenschen ihn als nervig empfinden. Der nach außen abgegebene Schall geht nach wenigen Metern in den Hintergrundgeräuschen im Zimmer unter. Beim Elex ist das nicht so. Da kann meine Frau bei gleicher Lautstärke das Lied wenn auch leise mithören und sogar synchron mitsingen.
Der SR1 ersetzt auf keinen Fall einen geschlossenen Kopfhörer, jedoch ist er definitiv besser geeignet, die Umwelt nicht zu nerven, als ein offener Kopfhörer und das, ohne auf eine schöne Lautstärke beim Hören verzichten zu müssen. Subjektiv empfinde ich die Isolation nach außen besser als von außen zu meinen Ohren. Hat aber auch den Vorteil, dass man selbst noch mitbekommt, wenn man angesprochen wird und nicht erst aufgeschreckt den Atem im Nacken spürt. 😉

Hier hat iBasso durchaus unterschiedliche Eigenschaften gut kombinieren können. Ich persönlich ziehe es generell vor, noch an der Außenwelt teilhaben und trotzdem mit dem Kopfhörer ohne zu stören auch angeregt laut Musik hören zu können.

Der Klang



Das sagt natürlich alles nichts über den Klang aus, dem wichtigsten Merkmal eines Kopfhörers. Interessant ist beim SR1, würde ich nur seine Messung sehen, ihn eher für basslastig einstufen würde. Er spielt schon recht warm, doch mit so passend abgestimmten oberen Mitten und Hochton, dass er keinesfalls im Bass überbetont ist. Er klingt einfach entspannt und transparent zugleich. Mit dem schnellen „Tesla-Motor“ werden die Bio-Zellulose-Treiber in ihrer Silikon-Aufhängung ordentlich auf Touren gebracht. So ist der SR1 im Vergleich zum Fostex TH-X00 und einem Auioquest Nighthawk deutlich dynamischer unterwegs. Vielleicht ist es auch das, was mich anfangs etwas irritiert hat, denn der federnde Bass des SR1 kommt staubtrocken rüber. Eigentlich schliesst das eine das andere irgendwie aus, doch der SR1 versteht es, genau die Mitte zu finden, ohne den Fingerabdruck der Bio-Zellulose-Treiber zu verlieren. Da ist nicht das gewohnte, ausgeprägte „Nachwabbern“. Beim SR1 ist es präzises „Federn“ und das fällt beim ihm absolut minimal aus. Vergleichbar mit einem Echo in einem kleinen Raum im Gegensatz zum Echo in einer Halle wie beim TH-X00 oder Nighthawk. Das liest sich jetzt so eindeutig, doch es brauchte etwas Zeit, damit das auch musikalisch in meiner Wahrnehmung ankommen konnte und ich den Unterschied zu den anderen Bio-Zellulose–Kopfhörern eindeutig identifizieren konnte. Anfangs klang der Bio-Bass des SR1 für mich nämlich absolut ungewohnt schnell, nach einiger Zeit allerdings ist er nur noch absolut grandios. Den TH-X00 und den Nighthawk könnte ich nun eigentlich, was diesen Vergleich angeht, gegen des SR1 eintauschen. Mal sehen, wie es weitergeht…

Bio-Zellulose Kopfhörer im Vergleich: SR1 und Nighthawk sind sich tonal recht ähnlich, wobei der SR1 entspannter spielt und den Grundton besser darstellt, während der Nighthawk etwas zu angefettet und insgesamt dumpf klingt. Der Fostex kann im Bass nicht mithalten und spielt insgesamt deutlich heller mit einer Tendenz zur Überbetonung im Hochton, eine nicht passende Note bei einem Bio-Zellulose-Kopfhörer.

Im Grundton ist der SR1 sehr souverän unterwegs. Wie es mir gefällt sind keine Hügel zu sehen. Erst ab 1kHz wird das Energieniveau wieder etwas erhöht, was den SR1 genau wieder Luft verschafft. Mit der Anhebung im Bereich der Präsenz und Brillanz spielt der SR1 weiter absolut großartig auf, ohne dass er Effekthascherei betreibt. Anfangs kam mir das vom Fostex kommend etwas zaghaft vor, doch es ist genau umgekehrt. Der Fostex ist bei einigen Titeln schon „spitz“, dem SR1 passiert das nicht und trotzdem sind alle Details transparent zu hören. Die Auflösung des iBasso SR1 ist hervorragend, bedenkt man, dass es hier um einen Kopfhörer von „nur“ 599€ geht. Auch wenn klanglich gänzlich anders abgestimmt, spielt er in Sachen Präzision und Auflösung auf einer Höhe mit den FOCAL und Mr.Speakers Kopfhörern, die ich besitze und jeweils 50% teurer sind.
Dem Design des SR1 hatte ich die Adjektive „technisch“ und „leicht“ mitgegeben.
Das finde ich auch passend für die Beschreibung des klanglichen Fingerabdrucks. Durch die Tesla-Treiber spielt der SR1 sehr dynamisch und lässt sich gut antreiben. Ihm fehlt komplett diese Schwere eines Nighthawk.
iBasso hat die Treiber so aufgebaut und abgestimmt, dass die Bässe klar konturiert sind, trotzdem kurz nachfedern und insgesamt Instrumente sehr schön abgegrenzt feingezeichnet werden, ohne dass der grundsätzlich warm abgestimmte SR1 unpassende analytische Anleihen erhält, wie ich es im direkten Vergleich beim Fostex empfinde. Technisch spielt er so einwandfrei und leicht dazu.

Pad-Rolling

Ohne das Pad-Rolling nun an dieser Stelle künstlich in die Länge ziehen zu wollen, ist das Ausprobieren einem Kommentar geschuldet, der zu einem Youtube-Video zum SR1 verfasst wurde. Dort wurde behautet, dass die perforierten Brainwavz Hybrid Polster das noch im SR1 schlummernde Potential herauskitzeln sollen. Da ich auch beim Focal Elegia beste Erfahrungen mit anderen Polstern gemacht habe – bei mir spielt er nur noch mit den Brainwavz Echtleder-Polster – , wollte ich das beim SR1 auch testen.

Der SR1 mit Brainwavz Hybrid (blau) geht mehr in Richtung heller Abstimmung ähnlich dem Fostex und verliert dabei seinen Charakter. Trotzdem gefällt der Hybrid-Pad-Mod noch am besten als Alternative. Mit Velour oder Alcantara leiden Bass und Hochton und mit Leder wird der SR1 einfach zu boomy und bekommt zu ausgeprägte Spitzen in den oberen Mitten.

Die unterschiedlichen Mods sind allesamt unbrauchbar bis auf die Veränderungen, welche mittels der Hybrid-Pads eintreten. Doch auch da wird es offensichtlich insgesamt so hell mit dem SR1, dass sein Fingerabdruck verwischt. Der Bass wird reduziert und über der 1kHz-Marke bekommt er eine kräftige breitbandige Betonung von bis zu 5dB, was für angestrengteres und ermüdendes Hören sorgt. Plötzlich wird der SR1 auch eher analytisch, was mir in Verbindung mit den entspannten bio-Zellulose-Treibern überhaupt nicht gefällt. Ich lasse mich hier spontan zu eingängiger Metaphorik hinreißen. Bildlich übertrieben wird der SR1 mit dem Polster-Mod irgendwie zu einem Elefanten im Tütü, der versucht Spitze zu tanzen. Zur Abwechslung amüsant, ist es jedoch nichts von Dauer.
Um nun aber auch den bildlichen Vergleich nicht schuldig zu bleiben, wie er out-of-the-box für mich wirkt, möchte ich ihn als majestätischen Löwen beschreiben, der stets gelassen und mächtig auftritt und dennoch schnell und auf den Punkt zuschlägt.



Hörproben

Nun einige Vorschläge und Hörproben für den iBasso SR1, zu finden in meiner Miniklangwunder-Playlist auf Spotify .

„When she sings to me“ Jeff Cascaro

Das ist einer meiner ersten Songs, die ich mit jedem Kopfhörer zuerst höre und mittlerweile auch einer meiner Lieblingssongs. Es kommt weniger auf Dynamik an. Hier muss mich ein Kopfhörer tonal abholen. Spielen die Bläser zu „topfig“ oder ist die Brillanz der schnell angeschlagenen Crashbecken zu metallisch, dann passt für mich oft der Hochton nicht. Zuden darf Jeff Cascaro mit seinem Gesang nicht zurück stehen., gern darf er etwas vor den Instrumenten platziert. Beim iBasso SR1 steht er neben dem Solobläser und ich bekomme das Gefühl, als begleite Jeff er selbst das Solo mit einer Rassel. Die Bassanschläge kommen prägnant, schwingen aber sanft nach. Beim Nighthawk im Vergleih ist mir das alles etwas zu dunkel, fast schon dumpf und der TH-X00 betont teils das Schlagzeug und Percussion Instrumente teils etwas zu sehr, so das z.B. die Triangle stets eine Präsens erhält. Mit dem SR1 wird kein Instrument in den Vordergrund geschoben. Eine schöne runde Sache. Das gefällt mir sehr gut.

„Train Song“ Holly Cole

Die musikalische Umsetzung der Dampflokomotive gelingt mit dem SR1 spektakulär. Ich möchte fast sagen, dieser Song ist wie für ihn gemacht. Da kommt kein anderer meiner Kopfhörer heran. Bisher war der Nighthawk hier Platzhirsch, doch im direkten Vergleich wirkt er dann sogar zu dunkel. Wie das immer so ist, das Bessere ist stets der Feind des Guten. Der SR1 deckt sowohl den Tiefbass perfekt ab als dass auch die „Dampfgeräusche“ sehr schön plastisch und räumlich wiedergegeben werden.

„Fat Roller“ Boris Blank

Mit dem Track stelle ich immer recht schnell fest, ob ein Kopfhörer in der Abstimmung meinem Geschmack nahe kommt. Wenn der weiche Bass nicht ordentlich zu hören ist, klingt dieses Lied für mich einfach zu hell. Kommen dann noch betonte Mitten und Höhen dazu, nervt mich das Zuhören schnell. Der SR1 zeigt hier, was er kann. Der leicht federnde Bass ist hier absolut von Vorteil. Die sanften Mitten und die leichte Betonung im Präsenz-/Brillanzbereich geht voll in Ordnung. Auch hier passt die Abstimmung des SR1 optimal.

„16 Tons“ Tom Morello

Tonal auch hier alles hervorragend. Der Bass, das Klavier und die Gitarre klingen authentisch. Was mich hier besonders Beeindruckt ist die räumliche Darstellung und die tolle Dynamik mit der der Bio-Zellulose-Treiber zu Werke geht. Nighthawk und TH-X00 klingen beide etwas „seichter“ wobei der Fostex durch seine hellere Abstimmung hier noch im Empfinden zu Dynamik gleichzieht. Der klingt aber gänzlich anders udn das Klavier ist mir insbesondere lauter gehört deutlich zu harsch. Mit dem iBasso SR1 kann ich den Song auf Dauerschleife abspielen, ohne dass er langweilig wird. 😉

„Janie’s got a gun“ Aerosmith

Wenn man so möchte, ein Klassiker aus meiner Jugend. Völlig anders abgemischt als die heutigen Songs. Alles etwas ursprünglicher und flacher. Das hört man auch mit dem SR1. Er macht alles richtig und beschönigt nichts. Und gerade deswegen sind diese alten Rock-Songs, hgemastert in den 90ern, dann doch nicht die Paradedisziplin für den iBasso SR1. Da darf dann doch der Focal Eley oder der Elegia ran, denn ohne den federnden Bass und etwas waagerechterer Balance spielen sie dann diesen Song doch etwas authentischer.

„Dark Day“ Blues Company

Zum Abschluß noch ein Paradebeispiel für den iBasso SR1. Schön kräftig gemasterte Vorlagen gibt er wieder, als wäre er dafür gemacht. Insbesondere bei diesem ruhigen und dennoch mit akustischen Reizen vollgepackten Song klingt alles auf den Punkt. Der kräftige und im Abklang zugleich weiche Bass mit gewitterartigen Breaks wird präzise wiedergegeben. Dazu als Gegenpol der helle Männergesang und Akzente mit Halleffekten und ein vor angenehmer Brillanz strotzendem Schlagzeug… herrlich. Die Positionierung der einzelnen Instrumente und auch das entfernte Auftauchen der einzelnen akustischen Akzente gelingt dem iBasso SR1 hervorragend.

6. Klangfazit

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Der SR1 ist so ursprünglich hervorragend, dieser Bio-Zellulose-Kopfhörer braucht keine Mods oder Equalizer-Anpassungen! Bis auf Kleinigkeiten bei wenigen Tracks, welche aber eher auch nicht unbedingt zu Prinzip der federnden Bässen und relaxter Spielweise passen, gibt es am SR1 klanglich nichts auszusetzen. Der iBasso SR1 ist anch einigen Wochen ganz klar mein persönlicher Favorit im Bereich der Kopfhörer, die diese besondere Signatur der Bio-Zellulose-Treiber mitbringen. Da wo Nighthawk und TH-X00 einfach zu weich spielen, spielt der SR1 trotz leichtem Nachfedern mit kräftigem Punch und einer tollen Schnelligkeit und Dynamik. Stimmen und Instrumente werde auf mittlerer Bühne gut platziert und erhalten eine angenehme räumliche Tiefe. Mit einer Brillanz auf den Punkt glänzt der iBasso SR1 klanglich sprichwörtlich auf höchstem Niveau.

7. Fazit & Bewertung

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Mit dem iBasso SR1 habe ich nicht das Gefühl, mit einem Kopfhörer zu hören, der im Preissegment bis 600€ beheimatet ist. Die Konstruktion ist klasse wenn auch für die Qualität der Verarbeitung von Nachteil, betrachtet man die vielen kleinen Ecken und Winkel, die perfekt zusammen passen müssten. Hier liegt der iBasso auf gutem Niveau. Dennoch ein sehr guter Kompromiss bei dem Preis, den ich als Early-Adopter bzw. bei der begrenzten Stückzahl von nur 500 Stück sehr gern eingehe, um einen iBasso SR1 besitzen zu können.
Ich hätte nicht gedacht, das iBasso es schafft, mit dem Erstlingswerk bei den Vollformat-Kopfhörern einen so genialen Kopfhörer abzuliefern, der zudem halboffen ist und tatsächlich alle Vorteile von offenem und geschlossenem Prinzip vereint und zugleich die Nachteile gekonnt und unbemerkt im Griff behält.
Unterm Strich bleibt mir nur zu sagen: Großes Ohren-Kino!

Bewertung

  • 98%
    Tiefbass - 98%
  • 98%
    Bass - 98%
  • 98%
    Mitten / Stimmen - 98%
  • 98%
    Mitten / Instrumente - 98%
  • 98%
    Obere Mitten - 98%
  • 98%
    Brillanz / Hochton - 98%
  • 95%
    Dynamik - 95%
  • 95%
    Räumlichkeit - 95%
  • 92%
    Design - 92%
  • 97%
    Konstruktion - 97%
  • 89%
    Verarbeitung - 89%
  • 98%
    Tragekomfort - 98%
  • 94%
    Preis - 94%
96%



8. Video & Galerie

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Klangfreund"M"

gelernter Radio- und Fernsehtechniker und ein Klangfreund mit Leidenschaft zu Kopfhörern, DAPs und sonstigen Miniklangwundern; liebt eine ordentliche Reproduktion satter Bässe, ausgewogene Wiedergabe von Stimmen und Instrumenten, entspannter Hochton mit akzentuierter Brillanz, kurz TP-Signatur; OverEar-Lineup: Dan Clar Audio Expanse, Meze Empyrean 2, Hifiman HE1000SE, HEDDphone 2, Hifiman Audivina, Dan Clar Audio E3; InEar-Lineup: Headphone Company Zeitgeist Blue, Sennheiser IE600, iBasso iT07; Dauerhaft eingesetzte DAPs: Cayin N8ii, iBasso DX320 Max TI; Kopfhörerverstärker im Bestand: Cayin HA-3A, RME ADI 2/4 Pro SE, ifi Audio GO Bar