Fiio erweitert die Produktpalette im Bereich der hybriden InEar-Kopfhörer um den FH9. Das neue Flaggschiff wird in Deutschland für 699,-€ angeboten und legt die preisliche Messlatte erneut ein wenig höher. Was der FH9 bietet, das habe ich genauer angesehen.
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An dieser Stelle geht mein Dank an Nils von Hifi-Passion, der mir den Kopfhörer als Leihgerät für diesen Artikel zur Verfügung gestellt hat.
Vorwort
Insofern ein Modell leicht aufgefrischt wird, wie beim Fiio FH5s durch aktualisierte Treiber, kommt das „s“ an die Bezeichnung. Gibt es aber deutlichere Upgrades wie hier beim Fiio FH9 zwei weiteren Treiber im Vergleich zum Fiio FH7 und ein neues Kabel aus reinem Silber, wird die Artikelbezeichnung erhöht. Dann wird es umso spannender, was sich neben „nur“ mehr Material und neuerer Technologie auch in Sachen Klang getan hat. Veränderungen in der klanglichen Abstimmung müssen nicht immer von Vorteil sein. Es ist spannend, wie Fiio nun die zwei neuen Treiber integriert hat und ob und wie der FH9 nun abgestimmt wurde.
Verpackung
Der Fiio FH9 wird in einem edlen Karton mit Klappdeckel geliefert, auf dem ein Gehäuse des FH9 in Silber skizzenhaft umrissen ist. Nach dem Aufklappen des Kartons werden die Gehäuse und das Kabel des Kopfhörers, das Hardcase und die austauschbaren Klangfilter präsentiert. Unter dieser ersten Lage befinden sich ein Kabelclicp, eine kleine Bürste zum säubern der Kopfhörer und zwei auswechselbare Stecker in symmetrischer Ausführung in 2.5mm und 4.4mm Klinke. Komplettiert wird der Lieferumfang durch 15 Paar Tips. Neben je zwei Paar Bi-Flange, Memory Foams und originalen SpinFits befinden sich noch je drei Paar Silikon Tips anbei. Diese sind mit „balanced“, „bass“ und „vocal“ Charakter gekennzeichnet. Bei Lieferung sind bereits Silikone mittlerer Größe für neutrale Wiedergabe aufgesteckt.
Tragekomfort & Haptik
Leider hat Fiio die Form des FH9 nicht weiter verändert, sprich die Tip-Aufnahme etwas verlängert. So sitzen die Tips schon recht nahe an der Gehäusefläche, welche in der Ohrmuschel anliegt. Ich erhalte zwar mit den mitgelieferten Tips einen einwandfreien Seal, darf mich aber nicht unnötig bewegen, da sie nur wenig in meinen Gehörgang hinein reichen. Laufe ich herum oder bewege ich meinen Mund, dann muss ich die Gehäuse stets wieder in mein Ohr zurück drücken. Mache ich das nicht, dann verschwindet der Bass mit abnehmender Dichtheit zum Gehörgang. Mit meinen Beyerdynmic Xelento Tips ist das kein Problem, allerdings sind die Metallgehäuse der Fiio FH9 schon recht schwer. Das führt dann auch wenn weniger häufig dazu, dass ich die Gehäuse „nachdrücken“ muss.
In dem Punkt Design ist das Kabel ist für mich das Highlight des FH9. Es ist super flexibel auch im Bereich der Ohren. Es entlastet dennoch einen Teil des Gewichts der recht schweren Aluminium-Gehäuse und sorgt grundsätzlich für festen Sitz im Ohr. Körperschall gelangt durch die Kabel, die mit MMCX-Anschlüssen angesteckt sind, nicht als Störungeräusch zum Ohr. Das ist nicht selbstverständlich. Ein weiteres Schmankerl ist, dass der Steckerinnenteil ausgetauscht werden kann.
Technik & Klang
Das mitgelieferte Kabel ist für den symmetrischen Betrieb ausgelegt. Dieser ist dadurch möglich, dass der Innenteil des Steckers, sozusagen die Kontaktflächen, ausgetauscht werden kann und so neben 3,5mm Klinke auch 2,5mm & 4,4mm Klinke-Stecker für symmetrische Wiedergabe zur Verfügung stehen. Doch selbst unsymmetrisch mit 3,5mm Klinke spielt der Fiio FH9 an jedem DAP mehr als nur laut genug. Mit einem Kennschalldruckpegel von 108dB/mW bei 18Ω Impedanz und einer maximalen Leistungsaufnahme von 100mW sollte eine Lautstärke von gnadenlosen 128dB problemlos erreicht werden können.
Fiio setzt auch beim Fiio FH9 bei den Balanced Armature Treibern wiederholt auf Knowles als Zulieferer. Der Bass wird durch einen dynamischen DLC-Treiber mit 13,5mm Durchmesser erzeugt. Das sorgt zum einen für ordentlich Tiefgang und zum anderen zu ordentlich Druck. Je nach Genre bewegt sich das von „genial“ bis hin zu „etwas zu viel des Guten“. Insbesondere bei klassischem Jazz und bereits kräftig gemasterten Aufnahmen ist mir das mitunder etwas zu viel Druck im Oberbass. Bemerkbar macht sich das, wenn im Hintergrund gespielte Bassläufe plötzlich in den Vordergrund treten. Das tritt zwar sehr selten auf, doch dann auch sehr klar zu hören.
Bei Pop, Mainstream, Electronic und sogar bei Classic Rock und Metall stellt das kaum ein Problem dar. Im Gegenteil, die Basspräsenz des FH9 sorgt für ein dynamisch kräftiges Fundament, auf dem dann Instrumente und Gesang folgerichtig aufbauen. Die Knowles Balanced Armature Treiber sind im Bereich der Mitten sehr genau aufeinander abgestimmt. Ich nehme keine unguten Übergänge wahr. Im Hochton ist der FH9 ganz leicht zurückgenommen. Im Superhochton meine ich eine „metallische“ Einfärbung zu hören, die nicht selten ein Nebeneffekt von BA-Treibern ist. Neben einem präzisen und Brillanten Hochton ergibt sich so auch immer eine gewisse Schärfe, selbst wenn im Hochton insgesamt die Abstimmung passt. Das ist auch beim FH9 im Ansatz zu hören, wenngleich es mir nur bei wenigen Songs auffällt. Hier ist der Fiio FH9 klar seinem Vorgänger dem FH7 einen Schritt voraus.
Hörbeispiele
Jazz: Jeff Cascaro „When she sings to me“
Die Stimme von Jeff Cascaro wird realistisch wiedergegeben. Der Oberbass spielt für meinen Geschmack ein wenig zu sehr im Vordergrund. Die Variationen mit Filter und Tips wirk en sich hier nicht aus, das das Verhältnis von Tiefbass zum Oberbass damit nicht beeinflusst wird. Mit den „Vocal“ Tips und den grünen Treble-Filtern wird das jedoch gut austariert. Die akustischen Akzente im oberen Mittenbereich kommen auf den Punkt. Bei der Brillanz dürfte es für mich dennoch einen Tick mehr sein. Das ist Kritik auf hohem Niveau, dennoch muss der FH9 sie angesichts seines Preispunktes und meinen Hörvorlieben bei diesem Song aushalten.
Electronic: Gundelach, Finnebassen: „Footsteps (Original)“
Qobuz-Link (öffnet neue Seite mit Cookie-Abfrage)
Dieser Song ist mit dem FH9 im Gegensatz zum Jazz-Song zuvor ein tadellos. Hier passt die Bassbetonung super. Der druckvoll federnde Bass und im Kontrast die sehr fein aufgelösten Akzente im Hochton mit sanfter Brillanz, das macht richtig Spaß. Auch die spärlich eingemischten Gesangsschnipsel fügen sich genau passend ein.
Klangvergleich zum iBasso IT07
Dass der Fiio FH9 ein Upgrade zum FH7 aus der gleichen Serie ist, habe ich bereits angedeutet. Auch wenn der FH9 mit der höheren Ziffer suggeriert, dass er möglicher Weise auch über dem iBasso iT07 – hier mein Test dieses Referenz-IEM – steht, so nehme ich direkt vorweg, dass dem nicht so ist. In meinem Artikel zum iBasso hatte ich bereits einen Vergleich zum Fiio FH7 gezogen. Der iT07 konnte mich im Vergleich in allen Bereichen etwas mehr abholen. Ganz ungeschönt, das ist auch jetzt zum Fiio FH9 erneut der Fall, auch wenn der Unterschied kleiner geworden ist. Der er Fiio FH9 kommt nicht ganz an die Präzision und Klarheit des iT07 heran und die Bassabstimmung von iBasso gefällt mir ganz subjektiv einfach einen Hauch besser. Angesichts des Preisunterschiedes von immer noch 200,-€ ist das jedoch zu vernachlässigen. In Sachen Preis/Leistung ist der FH9 dem Kollegen von iBasso definitiv ein Stück voraus. Fiio schafft es immer wieder bis auf Nuancen zu Flaggschiffen anderer Hersteller aufzuschliessen und das zu einem deutlich geringeren Preispunkt.
Fazit
Der neue Fiio FH9 wird dem Status Flaggschiff gerecht und führt neben den genannten Änderungen auch eine klangliche Entwicklung in diese Serie ein. Der FH9 macht im Bass mehr Druck, spielt dynamischer und im Hochton ist er nun sehr ausgewogen und selbst mit den Treble-Filtern nie zu spitz. Hinsichtlich Tragekomfort ist er auf dem selben Level wie seine Vorgänger, mit kleinen Vorteilen, die das neue Kabel bietet.
Unterm Strich ist der FH9 für die aufgerufenen 699,-€ ganz klar zu empfehlen. Dank der variablen Klanggestaltung mittels Filter und Tips deckt er höchste Ansprüche ab und kann auch bei teureren IEMs gut mithalten.
Bewertung
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