Fiio goes Over Ear! Nachdem ich Mitte 2019 die Ankündigungen wahrgenommen hatte, dass Fiio auch einen Bluetooth Over Ear Kopfhörer mit Noise Cancelling anbieten wird, halte ich ihn nun in meinen Händen. Was er kann und wo ich ihn in meinem täglichen Gebrauch sehe, das erfährst du in diesem Artikel.
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Der Fiio EH3 NC wurden mir für diesen Bericht direkt von Fiio-Deutschland zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Vorwort
Es gibt eine Unmenge von Bluetooth-Kopfhörern auf dem Markt. Da fällt es schwer zum einen die Übersicht zu behalten und zum anderen zu erkennen, welche Kopfhörer eigentlich gut sind. Insebsondere auf großen Online Handelsportalen gibt es sehr euphorische Bewertungen zu fast jedem Produkt. Liest man zwischen den Zeilen, wird allerdings schnell klar, dass oft nur einfachste Ansprüche bedient werden und auch die Bewerter nicht viel von den Probanden erwarten.
Allzu viele Artikel zu Bluetooth Kopfhörern gibt es hier auf Miniklangwunder nicht. Wenn ich Kopfhörer teste, müssen diese klanglich auch so gut sein, dass ich über diese überhaupt berichten möchte. Das ist bereits die Einstiegshürde und diese haben bisher nur Modelle von 1more, audio technica, B&O, Sennheiser, Sony und nun auch Fiio meistern können. Ob nun mit oder ohne ANC, das tut für mich persönlich nicht viel zur Sache, wenn es um den Klang an sich geht. Noise Cancelling ist lediglich ein Feature, welches in bestimmten Situationen „hilfreich“ sein kann und wenn vorhanden, am Ende natürlich auch in der Gesamtwertung berücksichtigt wird.
- Verpackung & Zubehör
- Design & Verarbeitung
- Tragekomfort & Handhabung
- Technische Daten
- Soundcheck & Hörproben
- Klangfazit
- Fazit & Bewertung
- Video & Galerie
Der Fiio EH3 NC wird in einem recht einfachen, schwarzen Karton angeliefert, der auf der Vorderseite einen Hochglanzdruck des Kopfhörers mitbringt. Wird die Umverpackung abgezogen, hält man einen weiteren schwarzen Klappkarton mkt Fiio Schriftzug in der Hand. Nach dem Aufklappen wird auf einem Innendeckel der Kopfhörer und eine Kurzanleitung schematisch präsentiert. Darunter befindet sich ein ovales Hardcase, in dem der Kopfhörer selbst, ein 3,5mm Klinke Anschlusskabel und ein USB-C- Kabel zu finden sind.
Der Kopfhörer besteht überwiegend aus Kunststoff und natürlich auch Kunstleder. Durch im Kopfband eingearbeitetes Metall erhält der EH3 NC seine Robustheit und die in die Gehäuse eingearbeiteten und mit 2D-Glas überdeckten Carbonflächen verleihen ihm seinen absolut edlen Auftritt. Der letzte Kopfhörer, der mir hinsichtlich Design im Bereich der Bluetooth-Kopfhörer so gefallen hat, war der audio technica ATH-DSR9BT. Die im rechten Gehäuseteil eingelassenen Tasten sind frei von Spiel, klappern nicht und besitzen einen guten Druckpunkt.
Für meine recht großen Ohren ist der EH3 NC ein sehr knapper Over Ear Kopfhörer und liegt etwas auf meinen Ohrläppchen auf. Dennoch wird nie unbequem, was zum einen an den weichen Polstern liegt und zum anderen an der wohl dosierten Kraft, mit der der Kopfhörer an den Seiten angepresst wird. Das Kopfband mit seiner ebenfalls sehr weiche Polsterung lässt den Kopfhörer nahezu unmerklich auf dem Kopf aufliegen, auch hier gibt es beim Langzeit-Tragen keine unschönen Überraschungen. Drei Gelenke je Seite, zwei zum Drehen und eins zum Klappen, lassen die Gehäuse in unterschiedlichste Weise verdrehen und einklappen. So kann der Kopfhörer einerseits locker um den Hals gehängt werden, ohne dass er am Kinn stört, und andererseits lässt er sich platzsparend verstauen.
Die Bedienung des Fiio funktioniert mittels Tasten und ist nahezu selbsterklärend. Die Tasten sind grundsätzlich gut bedienbar. Lediglich die Steuertasten für Vor, Zurück und Wiedergabe hätten haptisch etwas unterschiedlicher ausfallen dürfen, so dass taktil eine sofortige Erkennung sichergestellt wäre. Statt eine leicht versenkte mittlere Taste wäre eine Erhöhung deutlich besser zu spüren und vor allem auch zu drücken, ohne ggf. eine daneben liegende Taste zu bedienen. Fiio ist aber nicht der einzige Hersteller, dem irgendwie eine versenkte Mitteltaste anscheinend vom Design besser gefällt. Das Noise Cancelling wird mittels Schiebeschalter ein-oder ausgeschaltet. Möchte man den EH3 NC mit einem Zuspieler koppeln, dann wird die Play-Taste einfach einige Sekunden gedrückt, bis die dort platzierte LED blau-rot blinkt, schon befindet sich der Kopfhörer im Kopplungs-Modus und ist für Zuspieler via Bluetooth sichtbar. Das Laden und der Betrieb via Kabel sind allein schon durch die sichtbaren Buchsen selbsterklärend. Wobei ein Schmankerl ist, dass mittels USB-Kabel der Kopfhörer am Notebook und sogar am Android Gerät, egal ob Tablet oder Smartphone, als Wiedergabegerät erkannt wird und der interne DAC des EH3 NC für die Musikaufbereitung genutzt wird. Kleiner Wermutstropfen hierbei ist, dass 80 Prozent der Lautstärke bereits innerhalb der ersten zehn von einhundert Stufen unter Windos erreicht werden und eine feine Lautstärkeregelung bei leiser Spielweise nicht möglich ist.
Beim Fiio EH3 NC handelt es siich um einen geschlossenen Over Ear Kopfhörer. Seine 45mm Treiber werden mittels integriertem Verstärker angetrieben, der via Bluetooth 5.0 und entweder SBC, AAC, aptx HD, aptx LL oder LDAC angesteuert wird. Über den Schalldruckpegel gibt Fiio keine Auskunft, jedoch spielt der Kopfhörer via Bluetooth mit dem integrierten Verstärker sehr laut, ich möchte hier von Disco-Lautstärke sprechen. Die Spielzeit via Bluetooth soll laut Fiio bis zu 50 Stunden betragen.Wird NC benutzt, dann sollen immer noch 30 Stunden möglich sein. Während meiner Testphase habe ich es nicht geschafft den Akku nur annähernd leer zu spielen. Das hängt unmittelbar damit zusammen, dass ich den Kopfhörer am Computer natürlich mit dem USB-Kabel benutze und so der Akku direkt auch nachgeladen wird.
Achtung
An dieser Stelle der Hinweis zur Gefahr, sich beim Aussetzen zu hoher Lautstärke das Gehör nachhaltig schädigen zu können. Das gilt für die Benutzung von Kopfhörern im Allgemeinen.
Gleich vorweg komme ich zum NC, denn tatsächlich ist dieses im EH3 NC nur auf vergleichsweise einfachem Niveau integriert. Das reicht aus, um in der Bahn oder im Flugzeug niederfrequente und/oder gleichförmige „Dauersignale“ wie etwa Turbinengeräusche um etwa 70% zu reduzieren.
Doch zusätzlich gibt es dabei zwei Nebeneffekte.
Erstens geht das NC mit einem wahrnehmbaren Rauschteppich einher, der während Musik abgespielt wird, nicht zu hören ist, jedoch stört, wenn man im Flugzeug einfach Stille ohne Musik haben möchte. Das kann die Konkurrenz zum Teil deutlich besser. Der zweite Effekt ist der, dass der Kopfhörer mit eingeschaltetem NC anders klingt als pur. Das möchte ich einfach wertneutral benennen, denn es gibt Lieder, bei denen mir das kaum auffällt. Dort, wo es offensichtlich ist, klingt es mal „schlechter“ im direkten Vergleich, manchmal aber auch sogar „besser“. Auf jeden Fall hat das NC hörbaren Einfluss auf die Signatur der Kopfhörers.
Für die weitere Einschätzung des Klanges nutze ich den Fiio EH3 NC ohne NC Funktion, vergleiche aber die unterschiedlichen Arten der Zuspielung miteinander, also via Bluetooth, via USB-Kabel und via Klinke-Kabel.
Ein Highlight des Fiio EH3 NC ist die Möglichkeit, ihn auf drei verschiedene Möglichkeiten zu betrieben, ohne dass der Klang sich jeweils ändert. Auch mit den unterschiedlichen Übetragungsprotokollen von SBC bis hin zu LDAC ändert sich seine Signatur nicht. Lediglich mit aptX und LDAC hört sich der Fiio einen Hauch frischer, luftiger an. Das ist jedoch in einem Bereich, der nur beim genauen Hinhören zu bemerken ist, nichts sofort Auffälliges.
Klanglich ist der Kopfhörer ab Werk angenehm und absolut langzeittauglich abgestimmt. Er ist in keinem Bereich auf der Effekthascher-Seite zu finden, ich möchte ihn als neutral abgestimmt bezeichnen. Wer sich den Klang persönlich anpassen möchte, kann das mit Nutzung der Fiio Music-App und dem dort integrierten Equalizer tun. Anfänglich dachte ich, der EQ befindet sich quasi im Kopfhörer und wird dort dauerhaft eingestellt, ähnlich wie die Standby-Zeit oder des Verhaltens der LED-Anzeigen. Doch leider ist der EQ anders als bei meinem Daily-Driver, dem Momentum 3 Wireless, nur mit der App zusammen aktiv, wenn über diese auch Musik abgespielt wird.
Der Vergleich
Einen direkten Vergleich kann ich mangels anderer verfügbarer ANC Kopfhörer in dieser Preisklasse nicht anstellen. Jedoch habe ich den BOSE QC35 lange besessen, der heute für einen ähnlichen Preis zu haben ist und ich nutze im Alltag den Sennheiser Momentum 3 Wireless. Deren beider ANC ist deutlich besser, klanglich sehe ich BOSE und Fiio auf Augenhöhe. Der Sennheiser spielt in einer anderen Liga, kostet aber auch das Doppelte. In dem Bereich der Bluetooth Kopfhörer allgemein ist er meiner Meinung nach unangefochten ganz oben auf dem Klang-Treppchen. Hier können alle anderen, die ich bisher gehört habe nicht mithalten, weder BOSE, Sony oder Fiio. Selbst der noch teurere audio technica DSR9BT ist hinsichtlich der Klangreproduktion nicht besser als der Momentum 3 Wireless, hat aber auch schon einige Zeit seit seiner Veröffentlichung auf den Buckel. Das ein wenig zur Einordnung, wo sich der Fiio befindet, in sehr guter Gesellschaft nämlich. Vom Design und der Haptik sehe ich ihn unter den interessantesten drei Vertretern, klanglich liegt er gleichauf mit BOSE.
Hörproben
Auch der Fiio EH3 NC wird über die Genres hinweg getestet und ich möchte hier stellvertretend mit einigen Songs anreißen, wie ich was mit dem Fiio wahrnehme.
Kurt Elling „In the winelight“
Ein absolut toll gemasterter Song mit viel Dynamik. Der Kontrabass spielt mit dem Fiio recht weich. Der Gesang ist genau richtig platziert. Im Hochton klingt er absolut relaxed und dennoch transparent ohne jegliche Spitzen. Es fehlt mir dadurch aber der gewisse Glanz und die Darstellung der Dynamik. Das Xylophon klingt nicht, als stünde man daneben. Dieses Highlight des Liedes kann der Fiio nicht bieten, wie ich es sonst gern hören mag. Da fehlt es dem Instrument einfach etwas an „Glanz“.
Jaques Loussier Trio „Siciliana in G minor“
Das Trio um Jaques Loussier spielt neben dem Klavier nur Kontrabass und Schlagzeug. Der Fiio platziert die Instrumente alle korrekt auf der Bühne, welche allerdings recht schmal daher kommt. Die teils harten Anschläge des Klaviers werden gut abgebildet, ohne dass diese „hämmern“, was bei zu energisch abgestimmten Kopfhörern regelmäßig vorkommt. Aber auch hier fehlt es in den oberen Mitten ein einen Hauch an Brillanz. Dennoch ist die Abbildung selbst einwandfrei. Das Klavier klingt nach einem Klavier, die Becken des Schlagzeugs haben keinen „übermetallischen“ Charakter und der Bass spielt druckvoll und doch nicht überbetont.
Blank & Jones „Freelove“
Gleich zu Anfang wird der langgezogene Tiefbass vom EN3HC sehr schön, fast schon vibrierend wiedergegeben. Das zu hörende Dröhnen stammt nicht vom Kopfhörer, das muss so!
Die Akzente in den Oberen Mitten könnten auch hier einen kleinen Tick mehr Glanz haben, um dem mächtigen Bass etwas stärker entgegen zu wirken. Die Frauenstimme hingegen ist völlig entspannt und passt gut in diesen Chillout-Track. Hier wäre mehr Betonung oder eine hellere Abstimmung wieder zu viel.
Haywyre „Square One – Glacier Remix“
Bei diesem Song macht der Fiio im Prinzip alles richtig. Hier zeigt er, dass er auch viele klanglich unterschiedliche Informationen darstellen kann, ohne dass sie miteinander zu einem Brei vermischt werden. In dem Song ist viel los und der EH3NC meistert das sehr gut und weitestgehend gelassen. Ein wenig mehr Dynamik und Vehemenz würde dem Song allerdings gut tun. Der Fiio spielt auch hier eher auf der warmen Seite der akustischen Abbildung.
Unterm Strich leistet sich der Fiio EH3 NC keine Patzer und befindet sich wie schon vor den Hörproben gepoilert in guter Gesellschaft mit bekannten Marken und klanglich auf Augenhöhe mit dem BOSE QC35. Auch wenn die Abstimmung des Fiio etwas wärmer und dennoch eher neutral ausgerichtet ist, macht er mir Spaß, lässt aber gelegentlich etwas Dynamik und Spritzigkeit vermissen. Der Bass ist eher weich und geht sogar etwas in Richtung Charakter eines Zellulose-Treiber, sprich er federt etwas nach. Knackige Schlagzeug-Soli fallen somit einen Hauch sanfter aus. Für die von mir bevorzugte eher „langsame“ Musik macht das aber nichts aus.
Stimmen werden gut hörbar wiedergegeben, besitzen aber keine besondere Betonung, was mir entgegen kommt. Obere Mitten und der Hochton werden präzise wiedergegeben, wobei im Hochton der Fiio „neutral-warm“ aufspielt. Eine besondere Betonung, um Auflösung zu suggerieren bleibt beim EH3 NC dankenswerter Weise aus. Zur Personalisierung liefert Fiio ja auch die hauseigene Music App.
Bei der Grundabstimmung geht Fiio aus meiner Sicht den richtigen Weg in Richtung Hifi. Wie im Klangfazit eingangs angesprochen, fehlt es dem Fiio zum Erreichen des Status Hifi jedoch etwas an Dynamik.
Mit dem EH3 NC ist Fiio ein guter Einstieg in den Markt der kabellosen Over Ear Kopfhörer gelungen. Fiio setzt zur Individualisierung auf die hauseigene Music-App. Insofern diese genutzt wird, entfaltet der Kopfhörer noch weiteres Potential, welches ich bei der Nutzung von Spotify nicht erhalten habe und daher hier auch nicht bewertet habe.
Bei dem Noise Cancelling braucht es noch etwas Schliff, um aus der Mittelklasse aufzusteigen.
Sehr gut ist jedoch die variable Zuspielung und die gleichbleibende Klangqualität egal ob über USB-Kabel, analogem Klinke-Kabel oder via Bluetooth-Verbindung. Nutzt man insbesondere am Rechner die USB-Verbindung, dann wird dem EH3 NC vermutlich nie der Saft ausgehen, sprich man wird wohl so schnell nicht die 50 Stunden Laufzeit per Akkubetrieb überschreiten.
Für den Preis von 199,-€ ist der Fiio EH3 NC ein sehr guter Langläufer und Allrounder.
Bewertung
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