Verrückt!
Das ganze Thema Elektrostaten ist absolut verrückt!
Noch auf der letzten Audiovista hatte ich gesagt, dass mir kein Stax-Kopfhörer auf den Kopf kommt…
…und jetzt besitze ich selbst vier davon und habe noch ein Leihgerät am Start.
Vorwort
Ich habe mich entschlossen, diesen Text als eine Art Erzählung statt als Rezension oder Erfahrungsbericht aufzuziehen. Denn das, was ich in der Stax-Welt aktuell erlebe, fließt alles ineinander über, hängt voneinander ab, bedingt sich irgendwie gegenseitig und ist nicht in separat voneinander getrennten Einzelteilen vermittelbar.
Ich habe schon oft die Aussage gehört: „Stax ist Stax, die klingen alle ähnlich.“
Das kann ich jetzt sowohl als auch unterschreiben. Wer Stax nichts abgewinnen kann, hat irgendwie Recht, da die Kopfhörer in der tonalen Abstimmung jetzt keinen riesigen Bogen aufspannen. Selbst über die Jahrzehnte gibt es nur geringe Entwicklungen sowohl tonal als auch konstruktiv. Wer aber genau hinsieht und -hört, wird feststellen, dass das Material sich ändert, die Farben und die Bezeichnungen sich ändern. Denn Fortschritte in den Fertigungstechnologien erlauben es, dünnere Materialschichten oder auch neue Verbundtechniken zu entwickeln. Damit werden wiederum technische Parameter besser und Transienten werden schneller wiedergegeben sowie der Dynamikbereich erhöht, und so weiter und sofort.
Das führt mich zur Faszination Stax. Für die einen also immer alles gleich und ohne bahnbrechenden Neuerungen und für die anderen ein Gütesiegel für audiophile Qualität. So sehe ich Stax als Wegbeschreiter nachhaltiger Entwicklungen und Trendsetter mit Bestand, die ihre „Kunden“ über Jahrzehnte hinweg auf höchstem Niveau zufrieden stellen und eben nicht auf Hypes und One-Hit-Wonder für den schnellen Erfolg setzen.
Spontan fällt mir da als populärer Vergleich ein. Apple ist zwar deutlich jünger, kennt aber sicherlich jeder. Apple ist als Unternehmen bekannt, dass für Stabilität, Evolution und Kundenzufriedenheit steht. Wer ein Smartphone, ein Tablet oder einen Computer aus dem Hause Apple nutzt, der weiß besonders die Produkt- und Systemstabilität in der Apple-Welt zu schätzen. Lange vor Smartphones gab es schon Stax Kopfhörer, wie wir sie auch heute noch kennen. Und die funktionieren auch immer noch hervorragend.
Gefühlt hatte ich 90 Prozent meiner Gespräche über Stax mit Menschen, die noch etwa 20-30 Jahre älter sind als ich. Damit erklärt sich auch warum. Es sind die Kopfhörer, die sie bereits Jahrzenhnte begleiten. Als ich mit dem Fahrrad nach der Schule über die Felder gesaust bin, haben die es sich nach dem Feierabend mit einem Lambda Signature zum Abspannen gemütlich gemacht. Vielleicht sogar mit demselben Kopfhörer, den ich bei mir zu Hause haben.
Inhalt
1. Der Anfang
2. Akt 1 – Mein Lambda Signature Einstieg
3. Akt 2 – Die Lambda Pro Restauration
4. Akt 3 – Der SRL-700 Mythos
5. Akt 4 – Der SRM-353X als mobile Alternative zum Audiovalve Luminarelang
6. Akt 5- Akt 5 – Der viellecht beste Stax-Einstieg – SR-303 Classic & SRM-313
7. Akt 6 – Der SR-202 Basic – Das Leihgerät
8. Das Endspiel
1. Der Anfang
Angefangen hat das Thema Stax für mich aber erst jetzt, über 30 Jahre später nach Erscheinen des Lambda Signature und zudem doch ganz anders…
Wie schon in meinen letzten Veröffentlichungen angesprochen, hat der Kopfhörerverstärker Audiovalve Luminare, den ich quasi von der letzten Audiovista mitgebracht habe, dieses alles ins Rollen gebracht, indem er mich sozusagen in Versuchung geführt hat.
Einen Endgame-Kopfhörerverstärker zu Hause zu haben, dessen volles Potential ich nicht nutze, hat in mir doch ein gewisses Unwohlsein geweckt.
Um dem abzuhelfen, war meine eigentliche Idee, Leihgeräte anzufragen, um am Ende nicht noch mehr Kopfhörer dauerhaft zu Hause zu haben. Ich hatte auch die Zusagen bekommen, den Dan Clark Audio „Voce“ und später auch den Kaldas Research „RR1 Conquest“ testen zu können. Damit hätte ich dann also auch den Stax-Betrieb genutzt. Perfekt. Erledigt.
Doch das Teufelchen auf meiner Schulter hat mir immer zugeflüstert: „Warum so lange warten, frag doch mal den Firschi, der hat vielleicht einen Stax, den er dir mal zusenden könnte, dann musst du nicht warten.“
So dachte ich mir, naja, Anfragen und nur mal Anhören kostet ja nichts. Dominik hat mir den Stax Lambda Signature sogar leihweise zukommen lassen… er wusste da aber sicher schon sehr genau, dass der Kopfhörer nicht mehr zu ihm zurück kommen würde. Was für ein Fuchs. 😉
Aber der Reihe nach…
Also kam der über 30 Jahre alte Lambda Signature zu mir und hat mich schon nach wenigen Minuten geflasht. Das erste Mal Stax am Luminare.
Nichts mit „nur ein wenig Reinhören und dann wieder weg“. Glücklicherweise hat mir Dominik den schweren Herzens dann doch den Lambda Signature aus seinem Bestand dann gegen Geld überlassen. Er wird sicherlich einen neuen finden.
Der Kopfhörer ist perfekt aufgearbeitet und generalüberholt, mit neuen Polstern und neuem Kopfband ausgestattet gewesen. Denn das ist schon mehr als ein Hobby von Dominik, alte Stax Kopfhörern zu neuem Glanz verhelfen. Wie so eine Aufarbeitung genau gemacht wird, ist im hier verlinkten Artikel auf Prof-X eindrucksvoll dargestellt. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Dominik, sein Wissen öffentlich zu teilen.
Der Signature ist natürlich auch nach der Aufarbeitung nicht neu, doch technisch einwandfrei mit Charakter und obendrauf somit ein bezahlbarer, ehemaliger Premium-Kopfhörer von Stax aus den 80er Jahren, der auch selbst nach über 30 Jahren 1a funktioniert.
So fing das also bei mir alles im Grunde genommen an:
Meine ganz schön verstaxte Sache!
Trotzdem ist für mich Stax jetzt nicht der Heilige-Gral schlechthin oder eine Art-Religion, welche ich nun ausschließlich praktiziere. Ich habe einfach in sehr kurzer Zeit eine Fülle an Produkten aus dem Hause Stax zeitgleich bei mir angesammelt. Das war so nicht geplant, hat sich aber ergeben. Am Ende möchte und werde ich nicht alles davon behalten. Allerdings habe ich mir gedacht, dass es vielleicht keine schlechte Idee wäre, wenn ich auf alle Produkte wenigstens kurz eingehe und meine Eindrücke zu den Kopfhörern und den Kopfhörerverstärkern veröffentliche, solange ich auf diese Zugriff habe.
Klar ist für mich, dass am Ende der SR-303 Classic und der L700 Pro und vielleicht auch der Lambda Signature bei mir bleiben werden, also ein Einstiegsmodell, das Flaggschiff der L-Serie und ggf. noch ein Vintage-Modell.
Alle Stax-Produkte bei mir haben gemeinsam, dass ich sie gebraucht gekauft habe. Man bekommt in zweiter Hand für wenige hundert Euro bereits gute bis anspruchsvolle Komplett-Sets und wenn man ein paar Dinge beachtet, fällt man damit auch nicht auf die Nase.
Hier meine Liste
- sich vorab in einschlägigen Foren zu den Kopfhörern informieren
- bei Privatkauf unbedingt Probehören und auf den technischen Zustand achten
- sich zutrauen mindestens Polster und Kopfband im Zweifel selbst auszutauschen
Wer sich selbst eine Überholung nicht zutraut, der kann sollte unbedingt bei Stritt-Audio anfragen, denn dort hat man sich darauf spezialisiert, alte Stax-Geräte zu überholen und zu modifizieren. Aus eigener Erfahrung passiert das auf höchstem Niveau.
An dieser Stelle konnte und wollte ich mir ein wenig Werbung für Dominik nicht verkneifen. 🙂
Nun aber Bühne frei für meine Erfahrungen in 6 Akten…
2. Akt 1 – Mein Lambda Signature Einstieg
Nachdem ich mich also entschlossen hatte, mir den Lambda Signature von Dominik schicken zu lassen, um ihn an meinem Audiovalve Luminare zu hören, war der Einstieg in die Stax-Welt mit dem ersten Schritt vollzogen.
Mir war aus den Gesprächen und den Erfahrungsberichten im Netz um die Lambda-Serie und insbesondere zum Signature klar, dass es um Daumen hoch oder Daumen runter gehen würde, denn der sagenumwobene Lambda-Peak und ein generell ausgeprägter Bereich von oberen Mitten bis hinauf in den Superhochton hätte das Potential, dass mir die Abstimmung einfach zu hell sein könnte.
Doch mit dem ersten Lied musste ich feststellen, dass der Signature die Musik auf eine Art und Weise darstellt, von der ich auch heute sage, dass ist genau ein Alleinstellungsmerkmal aller Stax-Kopfhörer. Da sind die alle gleich… zum Glück!
Anders als Flächentreiber, die ich bisher aus dem nagnetostatischen Bereich kannte, klingen die Staxe frisch, weiträumig und irgendwie „transparent“. Der Signature schafft es, in mir sofort den Wunsch zu wecken, mir Live-Musik mit ihm anhören zu wollen.
Patricia Barbers“Companion“ ist das erste Album, das der Signature bei mir abspielen und das ich noch einmal mit ihm ganz neu erfahren durfte. Ich wusste, dass dort ganz viel zusätzlich zur Musik passiert. Mit vielen anderen Kopfhörer hätte ich wahrscheinlich geschrieben „im Hintergrund passiert“. Und genau das ist jetzt mit dem Stax Lambda Signature ganz anders.
Mit anderen Kopfhörern habe ich das Live-Feeling schon so beschrieben, nämlich, dass ein Kopfhörer es schafft, den Raum und die Bühne genauso darzustellen, dass ich fühle, ich säße direkt am Tisch unten vor der Bühne in einem Pub während die Band vor mir spielt.
Mit dem Signature fällt meine Beschreibung allerdings ein wenig anders aus. Es ist 1998, ich sitze im Green Mill in Chicago auf einem Holzstuhl, an einem kleinen, runden Tisch etwa 3m entfernt von dem Bühnenpodest. Ich höre den großartigen Klängen des kleinen Ensembles um Patricia Barber während neben mir sich Gäste etwas zuflüstern. Der Holzboden knarrt bisweilen, wenn die Bedienung die Getränke bringt und die Gläser kaum hörbar auf dem Tisch rechts neben mir abstellt. Um mich herum anerkennender Beifall nach jedem Song…
Und genau dieses Erleben hat nichts mit analytischem Klang oder dergleichen zu tun. Statt auf tonale Eigenschaften einzugehen, kann ich so einfach die Performance des Signature am besten beschreiben. Tonal trifft der nicht ganz das, was ich sonst bevorzuge. Und trotzdem schafft er es, genau diesen Eindruck zu vermitteln und – so muss ich das einfach sagen – komplett im Geschehen einzutauchen, als wäre ich wirklich dort gewesen. Da klingt es eben so wie es klingt und dennoch bleibt es ein Erlebnis, fast wie eine eigene Erinnerung. Da gibt es keine Kritik.
Wäre nun der Bass etwas präsenter, würde der Gesang etwas zurückhaltender sein und wären die Höhen etwas bedämpft, könnte es sein, dass ich vielleicht einfach wieder geschrieben hätte…
…mit dem Signature passt alles, ich sitze direkt am Tisch unten vor der Bühne in einem Pub während die Band vor mir spielt.
Zwischenspiel
Der Signature hat also bleibenden Eindruck hinterlassen und hat mich neugierig gemacht, was da wohl noch so geht. Von einigen Bekannten wurde mir nämlich gesagt, dass es auch Kopfhörer von Stax gibt, die ähnlich genial sind, jedoch etwas kräftiger im Bass abgestimmt seien.
3. Akt 2 – Die Lambda Pro Restauration
Einige Tage nach Ankunft des Signature hat sich mein Bekannter Jörg gemeldet, der sich ebenfalls einen Luminare gegönnt hat und sich vom Thema Heimkino auf den eher persönlich intimen Musikgenuss per Kopfhörer umorientiert hat. Er hat mir via Kleinanzeigen ein Angebot in Berlin zukommen lassen. Dort wurden zwei Stax Lambda Pro zu einem guten Preis in einem Koffer angeboten, die lediglich ein wenig Pflege und Aufarbeitung benötigten. Das Probehören hat die volle Funktionstüchtigkeit ergeben und so konnte ich beide Kopfhörer nach der Komplettreinigung mit neuen Polstern und Kopfbändern ausstatten. So kam dann völlig ungeplant ein Lambda Pro zu mir nach Hause und hat den Signature ergänzt. Anfangs dachte ich, dass die tatsächlich gleich klingen, doch wie ich so oft schon gelesen hatte, ist der Lambda Pro im Hochton etwas „glatter“, Gesang ist weniger vordergründig und im Bass spielt er ein wenig betonter und insgesamt dann doch merklich wärmer. Die Präzision und Detailabbildung steht denen des Signatures nicht nach. Allerdings schafft der Pro nicht dieses Eintauchen in die Live-Musik, wie es der Signature mich erleben lässt. Dafür ist aber der Lambda Pro bei Studioalben und insbesondere bei Jazz, Blues oder Chillout deutlich entspannter und auch eindrucksvoller. Hier zeigt sich dann das, was ich eingangs bereits angedeutet habe. Die Unterschiede sind vorhanden, fallen aber nicht extrem auf. Hört man nur oberflächlich, Mainstream oder Pop, da ist es fast egal, welcher der beiden Kopfhörer benutzt wird. Hier geht es um die feinsinnigen Unterschiede, die sie ausmachen. Bei Kraak & Smaag wippt der Fuß mit dem Lambda Pro mit und beim Signature gibt es das Eintauchen ins Geschehen bei Live-Musik.
Mehr braucht es nicht. Diese beiden Kopfhörer am Audiovalve Luminare sind bereits elektrostatische Zufriedenheit.
Zwischenspiel
Gäbe es nicht Bekannte, die das alles schon erlebt haben und jetzt erzählen, dass die alten Lambdas schon genial sind, doch der L700 der einzig verbliebende Lambda aus der ehemaligen Stax Sammlung ist, und stets erzählen, ich müsse mir den L700 unbedingt mal anhören, wäre hier dieser Text sicherlich schon zu Ende.
Dank Hans und Andreas geht es aber noch weiter…
4. Akt 3 – Der L700 Mythos
„Die alten Lambdas sind alle super, keine Frage. Da hast du alles, was du brauchst. Wie du schon sagst, da ist man im Geschehen dabei. Der L700 macht aber alles noch etwas besser…“ So etwas oder etwas so ähnliches durfte ich mir anhören, wahrscheinlich mit einem für mich unsichtbaren Grinsen auf dem Gesicht. Danke Hans, das hat gewirkt, den richtigen Schalter umgelegt. Allerdings wollte ich nicht in die Richtung des L700 schauen, denn 1.700 € wollte ich nicht investieren und hatte mich auch damit abgefunden. Denn was sollte da noch besser werden? Die zusätzlichen 2% würden keinen Unterschied machen. Mit dem Gedanken habe ich mich beruhigt… bis dann aber der Andreas zu Besuch kam. Wir unterhielten uns über unser Audio-Equipment und er hörte bei mir ein paar DAPs testweise an. Tja, blitzgescheit hat er seinen eigenen L700 einfach mitgebracht, dass ich mir den auch anhören kann. Auweia, die Versuchung war also direkt vor mir. Ich hatte das erst ignoriert und mich fast schon geziert, den L700 am Luminare anzuschließen. Ich musste immer an Hans Worte denken: „…der L700 macht einfach alles nochmal besser.“ Hier war nun die Möglichkeit entweder eine Bestätigung zu bekommen und zwar, dass seine Worte wahr sind, oder für eben nicht, so dass der L700 für mich tatsächlich uninteressant ist.
Mist… das kann doch nicht wahr sein. Der L700 macht alles noch etwas besser. Auf keinen Fall die nur erhofften 2 Prozent. Ich formuliere das mal so…
Schafft es der Signature, dass ich mich im Hörsessel zurücklehne, die Augen schließe und den kompletten Pub-Gig der Barber absolut authentisch genieße – besser geht es ja nicht! -, schafft genau das der L700 schon am Esstisch auf einem einfachen Stuhl mit noch geöffneten Augen sitzend. Punkt.
Und was soll ich sagen, zwei Tage später – wie es der Zufall will – finde ich den einzigen auf Kleinanzeigen eingestellten L700, dazu noch in Berlin und genau in dem Bezirk, in dem ich meine ersten sechs Jahre gewohnt und auch geheiratet habe. Ein Zeichen! Im Set mit dem Stax Verstärker SRM-353X ist der Kopfhörer schließlich dann zu mir in den Süden Berlins umgezogen. So schnell kann das manchmal gehen.
Zwischenspiel
Zu Hause erstmal viel gehört und genossen ist mir aufgefallen, dass sich der Lambda Pro und der L700 tonal deutlich mehr ähneln als der Signature und der L700. Das hat mich insofern etwas gefreut, da ich nun den Lambda Pro weitergeben kann, da sich eben L700 und Signature sehr schön ergänzen und ich am Ende nicht diverse Stax-Modelle unbedingt behalten muss und meine ungeplante AUsgabe so etwas kompensieren kann. Den Kopfhörerverstärker brauche ich ja schließlich auch nicht…
5. Akt 4 – Der SRM-353X als Alternative zum Luminare
Den L700 gab es wie erwähnt nur im Set mit einem Kopfhörerverstärker, dem SRM-353X. Den wollte ich eigentlich direkt weiter verkaufen, da ich ja den Luminare habe. Wenn er aber schon vor Ort bei mir ist, warum dann nicht einfach auch benutzen. Und siehe da, was kann der Luminare nicht… richtig… der kann keine zwei Stax-Kopfhörer zugleich antreiben. Eigentlich brauche ich das ja auch nicht, doch wenn man schon vier Stax-Kopfhörer besitzt, dann kann man die ja auch mal direkt vergleichen. So konnte ich auch die bis jetzt beschriebenen, bildlichen Vergleiche der Kopfhörer zueinander erfassen. Hätte ich hier mit langwierigen Pausen und Umstecken quasi aus dem Gedächtnis beschreiben sollen, wie die Kopfhörer sich tonal unterscheiden, ich hätte kläglich versagt. Doch durch die Möglichkeit, die Kopfhörer innerhalb von einer Sekunde wechseln zu können, sind die Unterschiede für mich sofort auch hörbar gewesen und ich konnte sie auch so beschreiben, wie ich es bis hierhin auch getan habe. Das ist am Ende allerdings kein Grund, den Verstärker zu behalten, denn der Luminare und der 353X spielen auf Augenhöhe, wobei der Luminare sogar noch mit etwas mehr Druck und Dynamik zu Werke geht.
Allerdings hat der SRM-353X dann doch den Vorteil, dass ich mir den auch einfach mal am Abend beim Schreiben am Notebook auf den Tisch stellen kann und somit auch dann einen Stax-Kopfhörer hören kann. Den 9kg-Luminare stelle ich nicht mal eben so um. Allenfalls eine Verlängerung hilft da.
Zwischenspiel
Natürlich ist mir bei meinen Recherchen aufgefallen, dass auch einige ältere Kopfhörerverstärker von Stax wie der SRM-313 im gleichen Formfaktor angeboten werden. Und wie es der Zufall will, hat ein Fachgeschäft aus Bielefeld in seinem Online-Shop ein Set SRM-313 und einen SR-303 Classic für sagenhafte 250 € inkl. einem Jahr Garantie angeboten. Auf Nachfrage, ob das ein Fehler sei, habe ich die Bestätigung erhalten, dass mir das Set innerhalb von drei Tagen zugeschickt werden kann…
6. Akt 5 – Der vielleicht beste Stax-Einstieg – SR303 & SRM-313
In der festen Absicht, mir das Set anzuhören und danach mindestens wieder kostenneutral zu verkaufen, habe ich den weiteren Invest getätigt und wenige Tage später steht neben meinem SRM-X353X auch der SRM-313 nebst dem grauen SR-303 Classic. Alles funktioniert einwandfrei, die Polster und das Kopfband sind wie neu, als wäre der Kopfhörer nie benutzt worden. Trotzdem habe ich den Kopfhörer zerlegt und gereinigt, denn der Staubschutz des Treibers löst sich in Wohlgefallen auf. Diesen habe ich mit grauem Organza-Stoff ersetzt, so dass der Blick nun noch besser auf die rot umrahmten Treiber fällt. Die Investition hat sich gelohnt. Blöd nur, dass ich natürlich nicht nur reingehört habe, um die einwandfreie Funktion zu checken, sondern ich der Neugierde nachgegeben habe, alle meine Stax-Kopfhörer zu vergleichen und das auch noch in allen möglichen Kombinationen mit den Verstärkern. Nebenbei erwähnt, hatte ich zu dem Zeitpunkt schon längst das Massdrop KOSS Elektrostaten-Set zu Hause, von dem ich den Mini-Kopfhörerverstärker mit Hilfe eines Adapters für die Stax-Pro-Welt nutzbar gemacht habe. Doch der sieht nicht nur im Vergleich zu den Stax Produkten mit knapp einem Sechstel der Größe allenfalls „naja“ aus, sondern schon das Gehäuse besteht auch nur aus Kunststoff. Den habe ich dann aber einfach mal mitgetestet. Dazu komme ich aber noch.
Der aufgearbeitete SR-303 Classic klingt im Vergleich zum Lambda Pro und Lambda Signature den beiden recht ähnlich, jedoch hat er im Hochton nicht ganz die Energie des Signature und im Bass nicht ganz die Betonung des Pro. Er klingt von den dreien tatsächlich am ausgeglichensten im Sinn von eher neutral. Das hat mich absolut beeindruckt, denn er verfügt trotzdem über die Qualitäten in Bezug auf Detailabbildung und Transparenz wie die älteren Modelle. Der SR-303 stellt für mich eine Art Bindeglied dar. Mit ihm klingt die Musik über alle Genres hinweg schlicht sehr gut. Im Vergleich zum L700 genauso universal, jedoch ohne dessen Magie. Der SR-303 ist im besten Sinne ein „preiswerter“ Stax für alle Fälle. Das hatte ich nicht erwartet und das macht ihn für mich zu einem Kandidaten, den ich nicht mehr weggeben möchte.
Mit dem SRM-313 Kopfhörerverstärker ist er wahrscheinlich das beste und vielleicht sogar günstigste Einsteiger-Set – wenn auch gebraucht – in die Stax Welt!
Zwischenspiel
Ein wenig mit den Verstärkern herumgespielt zeigt sich tatsächlich, dass der kleine SR-313 nicht mit dem SRM-353X mithalten kann, wenn der L700 zum Einsatz kommt. Interessant ist jedoch, dass er mit dem Lambda Pro und dem SR-303 kaum einen Unterschied zum SRM-353X ausmacht. Wie Hans und Andreas mir schon sagten, der L700 skaliert wie kaum ein anderer Kopfhörer an „besseren“ Verstärkern.
7. Akt 6 – Der SR-202 Basic – Das Leihgerät
Quasi als damals preisgünstigster Stax-Kopfhörer ist der SR-202 Basic zu nennen. Den hat mir Andreas leihweise zur Verfügung gestellt. Trotz des L700 hört er ihn auch immer wieder gern und ist der Meinung, dass der richtig viel kann. Sein Angebot, ihn mir auch mal anzuhören, habe ich gern wahrgenommen. Auf einen Kopfhörer mehr oder weniger in meinem Vergleich kommt es dann auch nicht an. 🙂
Was den SR-202 ausmacht, das beschreibe am besten im direkten Vergleich mit dem SR-303. Beide sind sich schon recht ähnlich, doch der SR-202 ist etwas „gesounded“, der hat etwas mehr Tiefbass als der SR-303 und klingt somit etwas „spaßiger“. Im Bereich Brillanz und Transparenz hat wieder der SR-303 hörbar die Nase vorn. Beide Kopfhörer haben unterschiedliche Treiber. Unterm Strich ist der SR-202 ebenfalls ein toller Einstieg in die Stax-Welt. Dennoch würde ich den SR-202 nur als bedingt „typisch Stax“ beschreiben, denn die Separationsfähigkeit, die alle bisher beschriebenen Kopfhörer von Stax haben, ist bei dem SR-202 nicht so ausgeprägt. Der SR-202 deutet aber definitiv an, was über den SR-303 an Steigerung bis hin zum L700 Pro möglich ist.
8. Das Endspiel
Als Abschluss dieser 6 Akte gilt es natürlich auch mein persönliches Fazit zu formulieren. Es ist nicht verwunderlich, wenn ich jetzt schreibe, dass für mich der L700 auch wirklich der beste aller dieser Stax-Kopfhörer ist, einen entsprechend performanten Verstärker vorausgesetzt.
Dennoch würde ich niemandem dazu raten, mit diesem Set in die Stax-Welt einzusteigen, ohne sich auch unter den anderen Kopfhörern umgehört zu haben. Da muss sich jeder mit seinem Geschmack selbst heran tasten. Sicherlich wird der Lambda Signature oder der L700 nicht bei jedem das Empfinden auslösen, was bei mir von Anfang an eingesetzt ist. QAus dem Grund werde ich auch keine pauschale Aussage hier treffen.
Ich kann aber sagen, dass diese Reise durch die verschiedenen Modelle für mich sehr wichtig gewesen ist, denn nur so ist es bei den feinen Unterschieden möglich, heraus zu finden, was am Ende wirklich individuell passt. Besser geht es natürlich immer und mit dem SR-007 oder dem SR-009 hat Stax sicherlich sein Portfolio weiter nach oben geschraubt, doch diese Kopfhörer sind für mich aus einem ganz banalem Grund uninteressant.
Mit ihren runden Pads kommt deren Tragekomfort nicht an die Stax-Kopfhörer mit rechteckigen Gehäusen und Pads heran. Auch wenn ich die Bretter an den Ohren immer noch amüsant finde, verbinde ich Kopfhörer mit runden oder ovalen Gehäusen irgendwie mit allen anderen Kopfhörer-Herstellern, nur eben nicht mit Stax.
Worauf ich noch gar nicht konkret eingegangen bin, weil es gar kein Thema für mich ist, ist der angedeutete Tragekomfort. Alle von mir hier besprochenen Kopfhörer tragen sich stundenlang absolut hervorragend. Sie sind leicht, drücken weder auf dem Kopf noch an den Ohren und sind völlig unerwartet absolut akustisch transparent was die Umgebung angeht. Das bedeutet, dass ich den Raum um mich herum ohne irgendeine „Beeinträchtigung“ höre und, dass mehr als bei dynamischen oder magnetostatischen Kopfhörern. Die elektrostatischen Treiber sind irgendwie deutlich schalldurchlässiger als alle anderen Treiber.
Also…
unterm Strich werden mich der L700, der Lambda Signature und der SR-303 weiter begleiten. Der L700 wird mir am Luminare Freude bereiten und für das Hören mit dem Notebook werde ich entweder den SRM-313 nutzen oder einfach meinen adaptierten KOSS Kopfhörerverstärker, der noch kleiner und leichter ist und im Vergleich zum Stax SRM-313 einen erstaunlich besseren Job macht.
Auf jeden Fall sind mir dieser Artikel und der ebenfalls erhältliche Podcast nicht leicht gefallen und sind doch deutlich länger geworden, als ich es mir vorgestellt hatte.
Trotzdem hat mir bei der vielen Arbeit das alles auch sehr viel Spaß gemacht und ich konnte genau den auch hoffentlich ordentlich zeigen und vielleicht sogar transportieren.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich meinen Eintritt in die Stax-Welt nicht bereue und ich aktuell für mich einen überaus zufriedenen Stand erreicht habe.