Wiederveröffentlichung
Der Artikel ist ursprünglich erschienen am 30. März 2018 als Blog-Artikel von Prof-X, aktuell allerdings nicht verfügbar.
Rückblick
Vor einigen Monaten habe ich meinen nagelneuen Audioquest Nighthawk für knapp 100 Stunden Einspielzeit auf meinem Messkopf gesetzt und in Zeitabständen von etwa 10 Stunden vermessen. Die gewonnen Daten haben gezeigt, dass der Klang sich im Verlaufe dieses Tests signifikant verändert hat. Nun ist es Zeit für den 2. Teil, der zeigt, ob sich das Ergebnis auch mit einem weiteren neuen Nighthawk reproduzieren läßt.
Auszug des Epilogs aus dem 1. Teil:
„… glücklicher Weise gibt es in der Prof-X Community jedoch einige Mitglieder, die sich ebenfalls den Audioquest Nighthawk Dank einer Preisaktion neu gekauft haben. Und so hat Hans mir noch einen weiteren neuen und unbenutzten Nighthawk zur Verfügung stellen können. Mit diesem und einen neuen Satz Ohrpolstern können die Messungen wiederholt werden und zudem die weitere folgenden Fragen untersucht werden, die sich mir während der ersten Messreihe ergeben haben.
- Hat die Lautstärke beim Einspielen einen Einfluss auf die Änderungen? Treten sie schneller oder ggf. gar nicht ein?
- Polster tragen zum Klang bei. Verändern sich die Polster während der Tragezeit, so dass es klanglich signifikant ist?
- Treiber vs. Polster – Welche gemessenen Veränderungen sind wo zuzuschreiben?“
Diese Fragen habe ich nun mit dem zweiten Nighthawk versucht zu beantworten. Ob mir das gelungen ist?
Ich denke ja …
Grundlegende Annahme
A) Polster tragen zum Klang bei. Verändern sich die Polster während der Tragezeit, so dass es klanglich signifikant ist?
Diese Frage habe ich vorgezogen, da ich die Tests so durchführen muss, dass der Nighthawk möglichst lange „neu“ bleibt. Ich gehe davon aus, dass die kurzen Messungen keinen dauerhaften Einspiel-Effekt mit sich bringen.
Damit ich auch bei bei Hans Nighthawk möglichst keine Messfehler bekomme aufgrund Neupositionierung des Kopfhörers, habe ich ihn dauerhaft auf dem Messkopf belassen.
Aufgrund der Erfahrungen aus dem 1. Teil, habe ich eine Messung direkt nach dem Aufsetzten auf den Messkopf zu Anfang der Messreihe durchgeführt, dann nach 15, 60 Minuten, 10 Stunden und 20 Stunden später, ohne den Kopfhörer zu betreiben und ohne ihn zu bewegen. Es ist zu sehen, in wie weit das Setzen der Polster einen Einfluss auf den Klang hat. Hier das Ergebnis.
Interessant ist, dass eine Änderung von 4dB bei 10Hz zu sehen ist, jedoch nicht in der Qualität wie sie bei der Messreihe im 1. Teil aufgetreten ist, dort waren es gut 12dB. Hier zeichnet sich im Bassbereich tatsächlich eine Art „Setzungs-Effekt“ der Polster ab.
In der ersten Messung in Schwarz ist der Bassbereich auf dem niedrigsten Niveau. Die Vergleichsmessungen 15 und 60 Minuten später zeigen kaum Unterschiede, wobei der Bass zur 0-Messung knapp über 2dB bei 10Hz angehoben ist. Den Kopfhörer habe ich dann über Nacht stehen gelassen und nach knapp 10 Stunden ergibt sich die rote Kurve, welche im Bass bei 10Hz um 4dB höher liegt. Die Vergelichsmessung nach 20 Stunden zeigt, dass sich da nichts mehr nennenswert ändert. Im Mittel- und Hochtonbereich sind nur marginale Änderung zu sehen, die aufgrund des offenen Kopfhörers auch von verursacht sein können, da ich über keinen schalltoten Raum verfüge.
Ein sich Verändernder Seal ist hier eher nicht der Fall, denn dann würde der Tiefbass quasi gar nicht ausgeprägt sein. Hier zur Veranschaulichung eine Messung, bei der ich den Nighthawk am unteren Ende vom Messkopf etwas angehoben habe.
Ergebnis A
Es zeigt sich, dass die Polster des Nighthawk sich offensichtlich über eine längere Tragezeit in gewisser Weise setzen.
B) Hat die Lautstärke beim Einspielen einen Einfluss auf die Änderungen?
Die nächste Testreihe habe ich so gestaltet, dass ich den Kopfhörer mehrere Tage auf den Messkopf habe sitzen lassen und über längere Zeit immer wieder mit diverser leiser Musik beschallt habe.
Um die eingestellte Lautstärke zu veranschaulichen, beschreibe ich diese so. Ich konnte trotz der Musik weiterhin meine Umwelt wahrnehmen und mich auch unterhalten.
Das Ergebnis lässt sich mit Messungen nicht darstellen, den auch eine Woche später, mit etwa 40 Stunden Spielzeit, gab es zwischen den Messungen keine Unterschiede. Bei solch einer geringen Lautstärke gibt es offensichtlich keinen „Break-In-Effekt“.
Wenn mir weitere neue Nighthawks zur Verfügung gestanden hätten, hätte ich diese in unterschiedlichen Lautstärkestufen über diesen Zeitraum betrieben und vermessen. Da mir aber nur dieser eine neue Nighthawk zur Verfügung stand, habe ich mich dafür entschieden, den zweiten Beschallungsversuch dann mit ordentlicher Lautstärke durchzuführen. Die Lautstärke war so hoch, dass ich mit ihr Musik nur etwa 10 Minuten hören würde, quasi über Disco-Lautstärke.
Auch in diesem Messaufbau habe ich dann etwa vier Tage den Nighthawk unbewegt auf dem Messkopf sitzen lassen und tagsüber in der leeren Wohnung laufen lassen. So sind etwa 30 Stunden zusammen gekommen, in denen ich 5 Messungen wie folgt durchgeführt habe.
Interessant ist, dass hier doch noch Änderungen im Mittel und Hochton auftreten sowie leichte Veränderungen im Bassbereich. Dieser „Burn-In-Effekt“ entspricht in etwa dem aus der Testreihe des ersten Nighthawk. Somit zeigt auch Hans Nighthawk ein Einspielverhalten, welches zumindest durch Messungen zu erkennen ist.
Es kann sein, dass mit bloßen Ohren als Messmittel der Eindruck entsteht, dass der Kopfhörer etwas relaxter spielt. In einigen Titeln werden möglicherweise zuvor als grenzwertig empfundene Passagen plötzlich interessant.
Ob jedoch mit bloßen Ohren mit jedem Musiktitel diese Veränderungen klar identifizierbar sind, das zweifele ich an. Zum einen sind die Veränderungen insgesamt doch zu gering und zum anderen werden die noch kleineren Schritte der Gesamtveränderung über eine längere Zeit hinweg im „Klang-Gedächtnis“ adaptiert, so dass ein A-B-Vergleich Stunde 0 zu Stunde 100 nicht möglich ist, wie es jedoch mit den Messungen dargestellt werden kann.
Das verhält sich analog dazu, als wenn man sich jeden Tag im Spiegel betrachtet. Veränderungen fallen einem selbst kaum auf. Hält man sich ein 10 Jahre altes Foto daneben, dann schon. Klar, die Veränderungen sind natürlich schon deutlich sichtbar. 😉
Ergebnis B
Ein nur leises Einspielen bewirkt beim Nighthawk keine klangliche Veränderung, wohingegen der Betrieb im oberen Lautstärkebereich für Veränderungen in einigen Frequenzbereichen verantwortlich zeichnet. Diese Fallen bei diesem Nighthawk jedoch gering genug aus, dass nicht plötzlich ein anderer Hörer nach der Einspielzeit zu erwarten ist. In Nuancen ändert sich der Klang, doch seine Signatur beleibt die eines Nighthawks, wie ich ihn kenne.
C) Treiber vs. Polster – Welche gemessenen Veränderungen sind wo zuzuschreiben?
Ich habe erneut ein paar Messungen übereinander gelegt. Das Ergebnis ist interessant und eindeutig…
Es ist zu sehen, dass ein Teil der Veränderungen (Rot) durch ein Einspielen entsteht. So verändern sich bestimmte Bereichen über den gesamten Frequenzbereich hinweg und bleiben dann auch dauerhaft erhalten. Zudem gibt es zumindest bei den Polstern des Nighthawk noch einen „Setzungs-Effekt“ (Grün) der im Bassbereich schon nach wenigen Minuten 2-3dB ausmachen kann. Das ist durchaus wahrnehmbar. Ein „Break-In-Effekt“ des Polsters ist das jedoch nicht, denn diese Änderung geht nach dem Absetzen wieder zurück. Ob und wann der eingearbeitet Schaumstoff ermüdet und dieser Effekt dann gewissermaßen auch dauerhaft erhalten bleibt, das würde nur ein wirklich ausgedehnter Langzeittest zeigen.
Wer weiß, vielleicht kommt dann in 10 Jahren doch noch Teil 3…
…in der Zwischenzeit gibt es hier auf www.prof-x.de und auf meiner Seite www.miniklangwunder.de viele andere hochinteressante Artikel wie z.B. den Testbericht zum Ausnahme InEar Kopfhörer Fidue A91 Sirius.
Am Ende dieses Langzeittests zeigt sich also, dass…
…eine Klangänderung sowohl durch permanente Konditionierung der Treiber als auch durch die temporäre Verformung der Polster stattfindet. Auch der zweite Nighthawk verändert sich mess- und auch hörbar, wenn auch im Bassbereich nicht ganz so stark wie der Nighthawk in Teil 1.